Mit gezielter Kooperation stärken sich das Uniklinikum Heidelberg und regionale Häuser gegenseitig. Davon profitieren alle: die Mediziner, das Personal und nicht zuletzt die Patienten.

Heidelberg - Die Zukunft kleinerer Krankenhäuser, die mit Finanzproblemen zu kämpfen haben, ist derzeit in etlichen Regionen des Landes ungewiss. Auch im Rhein-Neckar-Kreis hat man vor einigen Jahren vor dem Hintergrund der Kostenlage im Gesundheitswesen über den Verkauf und die Privatisierung der Kreiskrankenhäuser nachgedacht. Davon hört man inzwischen nichts mehr. Stattdessen wurden in zwei von vier Kreiskliniken sogar neue Fachbereiche für Neurologie und Kardiologie eingerichtet.

 

Möglich wurde dies durch eine Kooperation der Gesundheitsbetriebe des Kreises mit dem Heidelberger Universitätsklinikum, die sich in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt entwickelt hat und mit deren Ergebnissen beide Seiten überaus zufrieden sind. Die Zusammenarbeit sei „ein faires Geben und Nehmen“, lobte das „Deutsche Ärzteblatt“ das Modell kürzlich.

Uniklinikum konzentriert sich auf die komplexen Fälle

Das basiert im Wesentlichen darauf, dass sich das Uniklinikum ganz auf die komplexe Versorgung schwerkranker Patienten – etwa in der Transplantationsmedizin oder der Tumorchirurgie – konzentriert und kleinere Eingriffe den Kreishäusern überlässt. Dabei geht es um weit mehr als eine simple Arbeitsteilung. Die Partner arbeiten auch personell Hand in Hand. Direktoren des Uniklinikums – vom Chirurgen Markus Büchler über den Kardiologen Hugo Katus bis zum Neurologen Axel Hacke – haben inzwischen mit Oberärzten vor Ort auch die Leitung der für die Kooperation maßgeblichen Fachbereiche in den Häusern des Kreises übernommen. Sie sorgen für einheitliche Standards in der Behandlung und sind regelmäßig in den kleineren Häusern präsent. Zugleich erhalten Heidelberger Assistenzärzte in den Kreiskliniken die Möglichkeit zur Ausbildung für Routineeingriffe, die aus den Operationssälen des Uniklinikums verbannt worden sind – von der Blinddarm- bis zur Leistenoperation.

Mehr Kapazität für die Hochleistungsmedizin war nötig

„Die Idee des Projekts war von Anfang an, dass wir in Heidelberg Betten frei bekommen für aufwendige Fälle und zugleich dafür sorgen, dass auch die Partnerhäuser ausgelastet sind“, sagt die kaufmännische Direktorin des Unklinikums, Irmtraut Gürkan. Unmittelbarer Anlass war die Einführung der Fallpauschalen, durch die kleinere Eingriffe in den Unikliniken mit ihrer aufwendigen Infrastruktur unrentabel wurden. „Dadurch haben wir gesehen, dass wir mehr Kapazitäten für die teurere Hochleistungsmedizin schaffen müssen“, sagt Gürkan. Der Rhein-Neckar-Kreis war dabei nicht der erste Partner. Angefangen hatte es 2005 vielmehr mit dem Heidelberger Krankenhaus Salem. Die beliebte Klinik der evangelischen Stadtmission, im Stadtteil Neuenheim in unmittelbarer Nachbarschaft des Klinikcampus der Universität gelegen, suchte damals einen neuen Chef für ihre chirurgische Abteilung. Die Kontakte zwischen den Beteiligten waren gut – so kam es zu der Idee, für das Salem ein gemeinsames Team unter Leitung des Direktors der Chirurgischen Universitätsklinik Markus Büchler zu bilden.

Die Praxis habe rasch gezeigt, „dass dies ein gutes Modell und eine gute strategische Festlegung ist“, sagt Gürkan. Durch die Verlagerung kleinerer Fälle habe man in der Uniklinik die Kapazitäten erweitern können, ohne die Bettenzahl zu verändern. 2006 folgte daher bereits ein zweiter Kooperationsvertrag mit der Palliativstation einer weiteren Klinik der Stadtmission in der Altstadt. 2009 wurde dann der Vertrag mit den Gesundheitsbetrieben des Kreises geschlossen.

Die wirtschaftliche Situation der Kreiskliniken ist stabiler

Inzwischen arbeiten die Heidelberger Hochschulmediziner in ausgesuchten Fachbereichen – von der Chirurgie über die Neurologie, Neurochirurgie und Kardiologie bis zur Gynäkologie – mit zehn kommunalen und privaten Krankenhäusern in Heidelberg und Umgebung zusammen. Zwei weitere Partner sitzen in Baden-Baden und Frankfurt Höchst. „Diese Kooperation mit dem Umland ist etwas ganz Besonderes“, erklärt der medizinische Direktor des Klinikums, Guido Adler. „Mit ihr stärken wir die Versorgung in der Region und stellen sicher, dass die Patienten vor Ort optimal betreut werden“.

Landrat Stefan Dallinger (CDU) freut sich über eine „erstklassige Behandlung“ der Patienten in Wohnortnähe. Zudem habe die Zusammenarbeit die wirtschaftlichen Situation der Kreiskliniken stabilisiert, erklärt deren Sprecherin. „Wir haben hier einen Ring strategischer und zufriedener Partner um uns herum aufgebaut“, meint Guido Adler. „All das machen wir nicht aus reinem Altruismus“, gesteht seine kaufmännische Direktorin Irmtraud Gürkan: „Das Vertrauen, das wir hier aufbauen, wird sich hoffentlich auch noch in fünf oder zehn Jahren auszahlen.“