Kinder und Jugendliche, die über einen längeren Zeitraum in der Filderklink in Bonlanden bleiben müssen, erhalten Unterricht in der Klinikschule. Wie funktioniert das?

Bonlanden - Allerhand Schaubilder hängen an den Wänden, in kindlichen Handschriften auf bunter Pappe gestaltet. Um Martin Luther King geht es auf dem einen, um Solarenergie auf dem anderen. Hier hat sich jemand in englischer Sprache mit Tattoos auseinandergesetzt, auf dem Poster daneben stehen Infos zum Wolf. All diese Schaubilder haben Schüler in der jüngeren Vergangenheit gestaltet. Sie schmücken einen Flur im vierten Stock der Filderklinik. Hier ist die Klinikschule beheimatet.

 

Schüler aller Schularten und aller Klassenstufen lernen hier entweder einzeln oder in Kleingruppen Mathe, Latein, Englisch oder Bio. „Es geht darum, den Anschluss an die Stammschule zu erhalten“, erklärt Katja Bruckner, die Ansprechpartnerin am Standort Filderklinik. Sprich: Kinder und Jugendliche, die wegen eines längeren Krankenhausaufenthalts nicht in ihre normale Schule gehen können, werden hier weiterunterrichtet, damit sie vor allem beim prüfungsrelevanten Stoff nicht abgehängt werden. Teilweise werden auch Klassenarbeiten geschrieben.

Informationen zu den Lerninhalten, auch Materialien, kommen von der Heimatschule. „Kinder haben nicht nur eine Schulpflicht, sondern auch ein Recht auf Beschulung“, sagt die Sonderpädagogin.

Klassisches Lernen wie in der Schule ist hier nicht möglich

Die Klinikschule in der Filderklinik ist einer der drei Standorte des „Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums für Schüler in längerer Krankenhausbehandlung“ mit Sitz in Esslingen. Diese Gesamtschule, eine von mehr als 30 Klinikschulen in Baden-Württemberg, steht unter der Trägerschaft des Landkreises Esslingen. „Wir sind eine staatlich anerkannte Schule. Wir haben einen öffentlichen Auftrag. Alle Lehrkräfte sind verbeamtet“, betont Stefanie Wechsler, die Gesamtschulleiterin. Sie erklärt: Ein multiprofessionelles Team von 27 Lehrkräften ist für 90 Schüler an den drei Standorten Filderklinik, Klinikum Esslingen und Rohräckerschulzentrum Esslingen zuständig. Sieben Lehrer haben ihren Haupteinsatzort in Bonlanden.

Freilich ist in einem Krankenhaus kein klassisches Pauken möglich. „Wir planen um die Therapien drumherum“, erklärt Katja Bruckner. Dafür sei auch ein enger Austausch mit dem Ärzteteam notwendig. Wie geht es dem jungen Patienten? Wie viel geistige Anstrengung kann er aktuell vertragen? „Bevor wir das Unterrichtssetting kreieren, brauchen wir ganz viele Infos“, erklärt Stefanie Wechsler. Katja Bruckner hat in der Filderklinik die Erfahrung gemacht, dass viele Kinder und Jugendliche lernen wollen – um schulisch nicht zurückzufallen oder um sich die Zeit zu vertreiben. „Wir haben überwiegend motivierte Schüler“, sagt sie.

Hohe Belastung für die Lehrkräfte in der Klinikschule

Ganz so reibungslos, wie es klingt, läuft der Alltag in der Klinikschule dennoch nicht. Die Arbeit für die Lehrer ist mitunter nicht ohne. Sie sehen viel – junge Menschen mit schweren Erkrankungen, mit Essstörungen, Kinder, die Missbrauch erlebt haben. „Das muss man auch aushalten“, sagt Stefanie Wechsler. Katja Bruckner pflichtet ihr bei. „Die Belastung für die Lehrkräfte ist hoch“, sagt sie.

Es liegt in der Natur der Sache, dass in einer Klinikschule ein Kommen und Gehen herrscht. Manche Schüler lernen hier einige Tage, andere einige Monate. Manche Schüler üben gerade erst das Lesen, andere stehen kurz vor dem Abi. Alles ist sehr heterogen. Eine konstante Gruppe kommt allerdings hinzu. In der Filderklinik werden auch Schüler aus der Wohngruppe der Jugendhilfeeinrichtung Gutenhalde am Ortsrand von Bonlanden unterrichtet. Unter ihnen sind etwa junge Menschen mit psychischen Erkrankungen. „Die fallen durchs Raster, die passen nicht in eine Regelschule“, erklärt Stefanie Wechsler.