Eine Klage, eine Anzeige: der Betriebsrat des Klinikums hat jüngst mit konfrontativen Aktionen von sich reden gemacht. Doch offenbar wurde das Gremium in Spannungen zu diesem Kurs zerrieben.

Ludwigsburg - Offiziell will sich niemand äußern. Offiziell will niemand Öl ins Feuer gießen. Doch hinter vorgehaltener Hand lassen viele Mitarbeiter durchblicken, dass beim Betriebsrat des Klinikums Ludwigsburg seit Jahren Feuer unterm Dach war. Dies gipfelte zuletzt im Rücktritt der Vorsitzenden, Ulrike Stoiber-Lipp, und ihrem Stellvertreter Ralf Kurfiss. Zuletzt hatte die Mitarbeitervertretung noch zweimal vermeintlich geschlossen nach außen agiert: beim Kampf gegen die Kündigung einer gewerkschaftlich organisierten Betriebsrätin; und mit einer Beschwerde beim Gewerbeaufsichtsamt gegen die Kliniken-Regionaldirektion.

 

Letztere wurde von den beiden eher auf Ausgleich bedachten Vorsitzenden, so hört man, noch zähneknirschend mitgetragen. Die Aktion zählt zu den letzten beiden, in denen der Betriebsrat nach außen und in Richtung der Klinikleitung noch geschlossen aufgetreten ist. Bereits im Januar, das hat unsere Zeitung vor Kurzem erfahren, hatte das Gremium die Klinikleitung beim Gewerbeaufsichtsamt angezeigt.

Dem Regionaldirektor droht ein Bußgeld

Die Hüter des Arbeitszeitgesetzes überprüften in zwei Stationen die Dienstpläne und fanden 31 Verstöße gegen die Ruhezeit und 48 nicht genommene Pausen. „Die schiere Fülle der Gesetzesverstöße hat uns schlicht fassungslos gemacht“, war die offizielle gemeinsame Sprachregelung des Betriebsrats in einem internen Newsletter. Doch es ist kein Geheimnis, dass die moderateren Vertreter im Betriebsrat die Anzeige eher kritisch sahen.

Nun droht dem Personalverantwortlichen – vermutlich dem Regionaldirektor Matthias Ziegler – ein Bußgeld zwischen 24 000 und 48 000 Euro. Doch als Reaktion ist das eingetreten, was die Skeptiker stets angemahnt hatten. Das Klinikmanagement zeigt sich nun weniger kulant bei Abweichungen von den vorgeschriebenen Arbeitszeiten. Wer kürzer Mittagspause macht, um dann früher zu gehen, muss sich hinterher schriftlich erklären. Damit habe der Teil des Betriebsrats, der der Gewerkschaft Verdi nahe steht, den Mitarbeitern einen Bärendienst erwiesen, heißt es von einzelnen Mitarbeitern.

Kurfiss: Negativschlagzeilen waren unnötig

Der stets moderat formulierende stellvertretende Vorsitzende Ralf Kurfiss will sich nicht in diese Richtung äußern. Nur so viel: „Ich musste oft Dinge nach außen vertreten, mit denen ich nicht unbedingt einverstanden war.“ Ihm sei es immer um den guten Ruf des Klinikums gegangen, der dann leide, wenn in der Öffentlichkeit unnötig Negativschlagzeilen produziert würden.

Sein Rückzug vom Amt als Betriebsrats-Vize habe gleichwohl „ausschließlich persönliche Gründe“, sagt Kurfiss. Zwischen seinem Rücktritt und der vorige Woche vom Arbeitsgericht bestätigten fristlosen Kündigung einer Betriebsratskollegin bestehe kein Zusammenhang. Das Gericht hatte besagte Kündigung als gerechtfertigt erachtet, weil sich die Pflegekraft objektiv falsch verhalten habe. Eine von dem Fehlverhalten betroffene Patientin, eine 80-jährige Frau, ist wenig später verstorben.

Am Mittwoch sind Neuwahlen

Die zeitliche Nähe zwischen den beiden jüngsten Konfliktfällen und dem Abgang der Betriebsratsspitze wirft Fragen auf, die weder Ulrike Stoiber-Lipp noch Ralf Kurfiss öffentlich erörtern wollen. Beide haben zunächst auf interne Umstände verwiesen und sich nicht weiter nicht zu ihren Beweggründen geäußert. Außerdem wolle er betriebsratsinterne Dinge intern belassen. Auch ein Betriebsratsmitglied, das eher dem Konfrontationskurs der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi folgt, sprach in dieser Woche von einer guten Zusammenarbeit innerhalb des Gremiums.

Klinik-Chef Professor Jörg Martin, der mit Verdi seit Jahren im Clinch liegt, bedauert den Schritt der Betriebsräte: Sie seien „stets konstruktive und verlässliche Partner“ gewesen. Ein Lob für die gemäßigten Ex-Betriebsratsvorsitzenden, das man durchaus auch als Spitze gegen die Gewerkschaft werten kann. Ulrike Stoiber-Lipp bleibt übrigens Vorsitzende des Konzernbetriebsrats der Regionalen Klinik Holding, unter deren Dach das Klinikum Ludwigsburg firmiert. Am Klinikum selbst wird am nächsten Mittwoch die neue Betriebsratsspitze gewählt.