Die FDP im Landtag fragt den Grünen-Staatsminister, warum er im Klinikum sittenwidrige Vermittlungsprovisionen duldete.Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke übt heftige Kritik an Murawski.

Stuttgart - Staatsminister Klaus-Peter Murawski (Grüne) zieht es immer tiefer in die Klinikumsaffäre hinein. Zwar hat die Staatsanwaltschaft derzeit nicht vor, Ermittlungen gegen den bis 2011 als Krankenhausbürgermeister agierenden Chef der Staatskanzlei wegen einer möglichen Beteiligung einzuleiten. Und dies, obwohl diverse Mails einen Meinungsaustausch in jüngster Zeit über Unregelmäßigkeiten in der Internationalen Abteilung (IU) des Klinikums mit dessen in U-Haft sitzenden Ex-Leiter Andreas Braun nahe legen sollen. Murawski sieht sich allerdings dem konkreten Vorwurf ausgesetzt, in seiner Amtszeit die Zahlung sittenwidriger Provisionen für die Vermittlung ausländischer Patienten geduldet zu haben, um Gewinne zu generieren.

 

Undurchsichtige Verträge mit Dienstleistern waren mitverantwortlich für die Misswirtschaft in der IU. Bei der Behandlung und Betreuung 370 libyscher Kriegsversehrter und einem Beratungsprojekt mit dem kuwaitischen Gesundheitsministerium in der Amtszeit von Murawskis Nachfolger Werner Wölfle (Grüne) wurden zudem überhöhte Rechnungen gestellt und dubiose Zahlungen in Millionenhöhe geleistet.

Monatsberichte weisen Vermittlerprovisionen aus

Murawskis Behauptung, nichts von Provisionen an Patientenvermittler gewusst zu haben, ist bereits durch Monatsberichte des Klinikums widerlegt worden. Diese hatte man ihm wie den Mitgliedern des Krankenhausausschusses vorgelegt, ohne dass sich jemand an den Überweisungen gestört hätte. Schon seit 2010 wurde nach Informationen unserer Zeitung über steigende „Vermittlerprovisionen“ berichtet. Mitglieder des Krankenhausausschusses betonten, es sei jedem klar gewesen, dass die Patienten nicht zufällig den Weg nach Stuttgart gefunden hätten. Von Ex-Abteilungsleiter Braun stammt der Hinweis: „Alle wussten alles.“ Damit meint er die mit dem Klinikum zwischen 2008 und heute involvierten Bürgermeister, die Verwaltungsmitarbeiter und Mitglieder der Krankenhausleitung. Schließlich hätten alle seine Tätigkeitsnachweise erhalten.

Die Stadt erklärt die damalige Vorgehensweise für „angemessen und üblich“, deshalb habe diese auch nicht hinterfragt werden müssen. 90 Prozent der ausländischen Patienten seien nicht über private Vermittler gekommen, sondern über Botschaften. Allerdings wusch auch in vielen Botschaften eine Hand die andere. Zahlungen an Patientenbetreuer hätten am Klinikum einen Anteil für die Vermittlung enthalten. Ob Provisionen als Betreuungsleistung getarnt wurden, wie diese Dienstleistungen abgerechnet und die Vermittlerprovision ermittelt wurden, wollte die Stadt nicht beantworten.

Zweifel am „korrekten Beamten“ Murawski

Auf Antrag der FDP wird es am Mittwoch im Landtag eine aktuelle Debatte gegeben: „Aufklärung à la Salami – Welches Verhältnis hat Kretschmanns ,außerordentlich korrekter Beamter’ Murawski im grünen Kliniksumpf zur Wahrheit?“ fragen die Liberalen in Anspielung auf eine Äußerung des Ministerpräsidenten. Der Leiter der Staatskanzlei wird in der Debatte mit seiner Aussage konfrontiert, die Zahlung von „Kopfgeld“ sei in seiner Amtszeit nicht sittenwidrig gewesen, weil ein wichtiges Urteil vom Landgericht Kiel erst nach seinem Ausscheiden gefällt worden war. „Dieses Urteil konnte ich logischerweise in meiner Amtszeit als Bürgermeister nicht kennen und auch nicht prüfen, ob es Auswirkungen auf die Klinikumspraxis haben könnte“, so Murawski.

Tatsächlich war in Fachkreisen schon bei der Gründung der IU im Jahr 2008 bekannt, dass ein Patient nicht an jene Klinik überwiesen werden dürfte, die die höchste Provision bezahlt. In der Begründung des Kieler Urteils wurde auf deutlich ältere Urteile verwiesen, etwa des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahr 1985 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf von 2009. Schon damals waren Provisionsvereinbarungen für die Patientenvermittlung für sitten- und auch für standeswidrig erklärt worden. Auch in den Berufsordnungen für Ärzte sind Zuweisungen von Patienten gegen Geld seit jeher untersagt.

FDP-Fraktionschef Rülke geht in die Vollen

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke erklärt mit Verweis auf die Aussagen zur Sittenwidrigkeit, Murawski agiere im Klinikskandal nicht nur mit Halbwahrheiten, er stehe „auch für ein rechtswidriges Geschäftsmodell, das auf Bestechung aufbaut“. Er leugne, bis das Gegenteil bewiesen sei, „korrigiert dann seine Aussage und flüchtet sich zu weiteren Fragen in angebliche Erinnerungslücken“.

Im Krankenhausgestaltungsgesetz von Nordrhein-Westfalen ist die Vermittlung von Patienten „Krankenhäusern und ihren Trägern“ explizit untersagt. Obwohl zahlreiche Kliniken im Land ausländische Privatpatienten behandeln und teils mit einem Vermittler kooperieren, dessen Büro unlängst von Ermittlern durchsucht worden war, sieht es das hiesige Sozialministerium nicht als seine Aufgabe an, zu überprüfen, „ob Krankenhäuser mit Patientenvermittlern zusammenarbeiten oder ob Provisionszahlungen fließen“. Das baden-württembergische Krankenhausrecht sei bewusst schlank gehalten.