Bürgermeister Wölfle soll Ex-Chef Schmitz Infos aus einem Prüfbericht geschickt haben, obwohl Fritz Kuhn das mit Verweis auf Strafvereitelung untersagt hatte. Der Vorwurf muss jetzt geprüft werden. Der Ausgang ist offen.

Stuttgart - Der ehemalige Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle sieht sich im Klinikum-Skandal mit einem weiteren Vorwurf konfrontiert, und OB Fritz Kuhn (beide Grüne) wird erneut unterstellt, den Gemeinderat falsch informiert zu haben. Eine Gemeinderatsmehrheit ist bekanntlich überzeugt, dass Wölfle im Zusammenhang mit der Misswirtschaft in der Internationalen Abteilung mehr über einen umstrittenen Beratervertrag mit Kuwait gewusst hat als bisher eingeräumt und von Kuhn kommuniziert wurde. Der heutige Sozialbürgermeister hat zur Klärung des Vorwurfs das Regierungspräsidium um eine Untersuchung gebeten. Kuhn betonte, sich auf Wölfles Aussagen verlassen zu haben.

 

Nun geht es um die Weitergabe von Informationen aus dem zu dieser Zeit offenbar als Verschlusssache angesehenen Berichts des Rechnungsprüfungsamts (RPA) vom 18. Dezember 2015 über die Missstände im Klinikum, und zwar ausgerechnet an den damals schon unter Untreueverdacht stehenden Ex-Geschäftsführers Ralf-Michael Schmitz.

Warnung vor Strafvereitelung oder Begünstigung

Kuhn war damals einer Bitte der Ermittlungsbehörde nachgekommen, nicht die Klinikumsleitung über den Berichtsinhalt zu informieren, „denn die begonnenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wären hierdurch gefährdet worden“. Rechtlich sei es „um Themen wie Strafvereitelung oder Begünstigung derer gegangen, gegen die ermittelt wird“, betonte er im März 2018 vor dem Gemeinderat. Er sagte damals auch: „Wir von der Verwaltung haben uns selbstverständlich an diesen Wunsch und diesen Appell der Staatsanwaltschaft gehalten.“

Als Beleg für das Gegenteil sieht Stadtrat Heinrich Fiechtner (BZS 23) laut einer aktuellen Anfrage an die Stadt den Entwurf eines von Schmitz an Wölfle gerichteten Briefes zu den umstrittenen Auslandsprojekten. Den Vorschlag soll Ex-Abteilungsleiter Andreas Braun erstellt haben und trägt das Datum vom 26. Februar 2016. Er enthält den kritischen Satz: „(...) da es mir aufgrund der wenigen Inhalte, die Sie mir aus dem nicht veröffentlichten Bericht des Rechnungsprüfungsamts weitergegeben haben (…). Dabei hatte am 25. Februar Ulrich Karle von der städtischen Krankenhausverwaltung seinen Vorgesetzten Werner Wölfle erneut daran erinnert, dass die Staatsanwaltschaft darum gebeten habe, den RPA-Bericht ja nicht an die Klinikums-Geschäftsführung weiterzugeben.

Wölfle wollte Schmitz unbedingt informieren

Die Verwaltung ist nun aufgefordert, den Gemeinderat über Umfang, Inhalt und Bedeutung der angeblich weitergegebenen Inhalte aus dem RPA-Bericht zu informieren. Ein denkbares Motiv für eine Information Schmitz‘ findet sich im Schreiben von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) an die Staatsanwaltschaft vom 23. Dezember 2015, mit dem er den Ermittlern den RPA-Bericht übersandte. Darin heißt es, für Wölfle würden sich aus dem Prüfbericht „auch weitergehende Fragestellungen und Aufträge nicht strafrechtlicher Art gegenüber der Geschäftsführung ergeben“. Weil er offenbar sachlich-fachliche Gründe sah, hielt es der Bürgermeister „für unvermeidbar“, Schmitz darauf hinzuweisen, dass die Staatsanwaltschaft um Ermittlungen geben worden sei. Das beschied Staatsanwalt Friedrich am 15. Januar 2016 aber abschlägig. Erst Ende Mai erfolgte die Freigabe.

„Goldener Handschlag“ nur wegen Geheimhaltung

Die Diskussion über die lediglich erbetene Geheimhaltung ist bisher nur vor dem Hintergrund der Aufhebungsvereinbarung zwischen Stadt und Schmitz, dem viel beschriebenen „Goldenen Handschlag“, geführt worden. Seit seinem 55. Lebensjahr an erhält der Ex-Chef 160 000 Euro Pension im Jahr.

Der Gemeinderat moniert, über den Umfang nicht informiert worden zu sein. Hauptkritikpunkt ist aber, nicht die Möglichkeit erhalten zu haben, über eine fristlose Kündigung von Schmitz zu befinden. Die Verweise von OB Kuhn auf drohende Prozessrisiken und die Geheimhaltungspflicht sehen Stadträte längst widerlegt.

Anwalt sieht Frist als verstrichen an

So hat Lars Kuchenbecker von der Kanzlei Menold/Bezler seinerzeit zwar Anhaltspunkte gefunden, die eine fristlose Kündigung Schmitz‘ rechtfertigen könnten. Allerdings habe die Rathausspitze die dafür geltende Zwei-Wochen-Frist verstreichen lassen. Sie begann mit der Übergabe des RPA-Berichts an das Büro von OB Kuhn und die Bürgermeister Wölfle und Schairer und endete bereits am 28. Januar 2016. Rathausintern war bis zu diesem Zeitpunkt gar nichts erörtert worden.

Der Ausschuss zur Akteneinsicht, von Stadträten gefordert, weil sie sich von der Verwaltung bei der Aufarbeitung des Skandals ausgebremst fühlen, wird nächste Woche einen Zwischenbericht zum Fall Schmitz abliefern. Das Thema einer möglichen Strafvereitelung durch Wölfle soll darin auch behandelt werden.