Der ehemalige Krankenhausbürgermeister bedauert Erinnerungslücken im Zusammenhang mit der Unterschrift unter den Kuwait-Vertrag. OB Kuhn wird am Mittwochvormittag im Verwaltungsausschuss Stellung beziehen.

Stuttgart - Der wegen des Klinik-Skandals in die Schlagzeilen geratene ehemalige Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle hat gegenüber OB Fritz Kuhn (beide Grüne) erklärt, er könne sich nicht an die kürzlich bekannt gewordene SMS-Korrespondenz mit dem ehemaligen Leiter der International Unit des Klinikums, Andreas Braun, im Vorfeld des Vertragsabschlusses mit dem kuwaitischen Gesundheitsministerium erinnern. Und zwar weder nach Inhalt noch nach Umfang. Er könne aus diesem Grund auch keine Angaben dazu machen, ob diese richtig und vollständig sei.

 

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Fakt sei aber, dass er weder vor noch nach dem Abschluss des Vertrags am 18. Februar 2014 konkrete Informationen über Vertragsinhalt, Provisionen, Nebenabreden und Dienstleistungsverträge gehabt oder von der Klinikumsgeschäftsführung erhalten habe.

Seines Wissens habe er weder mit dem damaligen Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz noch mit anderen Beteiligten über eine Bevollmächtigung zum Vertragsabschluss durch Braun gesprochen. Das interpretieren Stadträte nach der Veröffentlichung der Korrespondenz anders und haben deshalb um Klarstellung gebeten.

Fritz Kuhn will Stellung beziehen

OB Fritz Kuhn (Grüne) wird deshalb am Mittwochvormittag im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats zu Wölfles Aussagen Stellung beziehen. Der Oberbürgermeister hatte seinen Parteifreund vor allem auch deshalb um eine dienstliche Erklärung gebeten, weil Stadträte zum Schluss gekommen waren, Kuhn habe sie falsch informiert, um Wölfles tatsächlichen Kenntnisstand zum Kuwaitvertrag zu verschleiern. Der Ausschnitt aus dem zitierten SMS-Verkehr sei von Brauns Anwalt erst im Rahmen der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung im August 2017 bekannt geworden, betonte Kuhn nun ausdrücklich. Als er den Fraktionen im März 2017 geantwortet habe, Wölfle habe nichts vom Vertragsabschluss gewusst, seien die Kurznachrichten noch gar nicht bekannt gewesen.

Der ehemalige Krankenhausbürgermeister erklärt nun, er habe bezüglich des Vertragsabschlusses am 18. Februar 2014 der Aussage der Verwaltung, er sei darüber nicht informiert worden, nicht widersprochen. Mit dieser Einschätzung sei er wohl falsch gelegen. Das mache die SMS-Korrespondenz deutlich, an die er sich aber nicht erinnere.

Werner Wölfle bedauert fehlende Erinnerung

Richtig sei wohl, dass er von Braun über den Vollzug informiert worden sei. Die Dimension und der Inhalt des Vertrags seien ihm damals aber nicht klar gewesen. In der Rückschau und mit heutigem Wissensstand bedauere er diese fehlende Erinnerung und die daraus entstandene unpräzise Aussage zutiefst.

Wölfle betont, der Kuwait-Vertrag sei von den Verantwortlichen des Klinikums nie thematisiert worden; man habe ihn auch nicht in die Verwaltung eingespeist, und es sei auch nicht über die Probleme bei der Umsetzung berichtet worden. Das Klinikum schaffte es bekanntlich zu fast keinem Zeitpunkt, die vereinbarte Anzahl von fünf erfahrenen Orthopäden in die Wüste zu schicken. Der sparsame Umgang mit Informationen sei gängige Praxis im Klinikum gewesen. Das Geschäft mit ausländischen Patienten hätte die Geschäftsführung stets als interne Angelegenheit behandelt.

Wölfle erinnert in seiner Stellungnahme aber auch daran, dass die Selbstständigkeit des Klinikums vom Gemeinderat gewollt gewesen sei. Für Strategie und operative Umsetzung habe Geschäftsführer Schmitz die Verantwortung getragen. Er hätte ihn angemessen informieren müssen.

Fritz Kuhn hat in seiner Antwort an die Stadträte auf Fragen zum 46 Millionen Euro umfassenden Kuwait-Projekt und der Verantwortung von Werner Wölfle deutlich gemacht, dass nicht der Beratervertrag rechtswidrig oder ethisch fragwürdig gewesen sei, sondern die von Braun oder Schmitz abgeschlossenen Dienstleistungsverträge und Nebenabreden (im Umfang von rund 20 Millionen Euro). Diese seien für eine sachgerechte Bewertung des Vertrags mit dem kuwaitischen Gesundheitsministerium zur Optimierung der medizinischen Verhältnisse in der Al-Razi-Krankenhaus in Kuwait relevant. Sie enthielten dolose, also gesetzwidrige Elemente und hätten überhöhte Leistungsvergütungen zum Schaden des Klinikums vorgesehen. Kritikwürdig sei von Anfang allenfalls der Umstand gewesen, nicht ausreichend Ärzte zur Verfügung gehabt zu haben.

Kuhn erinnert in seiner Beantwortung an erste Überlegungen des Klinikums 2010/2011, ein Angebot für ein Kooperationsprojekt abzugeben. Die Krankenhausbürgermeister Klaus-Peter Murawski (Grüne) und Wölfle seien über die Projektidee und ein erstes Angebot informiert gewesen. Es sei aber nicht zum Abschluss gekommen. Kuhns Absicht hinter dieser Replik: er will eine Aussage von Peter Glinder vom Rechnungsprüfungsamt relativeren. Der Antikorruptionsbeauftragte hatte im Vorfeld der Beantwortung mehrerer Anfragen von Fraktionen die Referenten von Kuhn und dem neuen Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) davor gewarnt, so zu tun, als habe Wölfle das Projekt überhaupt nicht gekannt. Vielmehr sei er über Umfang und Tragweite informiert gewesen. Der Kostenrahmen belief sich damals auf 63 Millionen Euro für eine auf fünf Jahre angelegte Betreuung durch Stuttgarter Ärzte. Der 2014 abgeschlossene Vertrag über drei Jahre und 46 Millionen Euro sei nicht mit dem ersten Entwurf gleichzusetzen, meint Kuhn heute.

Der OB weist zudem darauf hin, dass die Verwaltung über die geheimen Nebenverträge der Verwaltung erst durch Recherchen der Rechnungsprüfer und der Anwaltskanzlei BRP Renaud & Partner informiert worden sei.