Das Schwerbrandverletzten Zentrum für Kinder am Klinikum Stuttgart ist eines der größten Zentren in Deutschland. Patienten werden dort nach den neuesten Richtlinien und Methoden behandelt.                       

Die Tasse mit heißem Tee am Tischrand, die heiße Herdplatte oder brennende Kerzen – jedes Jahr müssen in Deutschland 30.000 Kinder wegen Verbrennungen und Verbrühungen behandelt werden, 6000 von ihnen sogar stationär. Bei Frederic war es eine Flasche mit kochend heißem Wasser, die er vom Tisch runtergezogen hat, als er mit seiner Familie an der Ostsee war. Im Krankenhaus in Jena wurden die Verbrühungen am Oberkörper, Armen, Schulter und linker Gesichtshälfte versorgt.

 

Doch zurück in Stuttgart bekam der kleine Junge Fieber und musste im Schwerbrandverletzten Zentrum des Klinikums Stuttgart dreimal operiert werden. „Das erste Mal haben wir die Wunde noch mal gereinigt, damit es nicht zu einer Sepsis kommt“, berichtet Dr. Raphael Staubach, Geschäftsführender Oberarzt der Kinderchirurgischen Klinik. Bei der zweiten Operation wurde bei Frederic dann an den verletzten Stellen am Arm entsprechend vorbehandelte Fischhaut vom Kabeljau aufgetragen. Die Fischhaut ist der menschlichen Haut von der Struktur sehr ähnlich und hat zugleich entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften. In der nachfolgenden Operation zeigte sich dann, dass die Wundverhältnisse ohne Reizung und die Haut in Abheilung waren.

Brandverletzungen richtig behandeln: Schwerpunkt am Klinikum Stuttgart

Die Behandlung und plastische Korrektur von Brandverletzungen ist seit vielen Jahrzehnten ein wichtiger medizinischer Schwerpunkt im Klinikum Stuttgart. Das Schwerbrandverletzten Zentrum am Klinikum Stuttgart ist eines der größten Zentren in Deutschland und Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV). Seit über zehn Jahren hält die Kinderchirurgie Stuttgart ein offizielles Bett für schwerbrandverletzte Kinder vor. Jedes Jahr werden rund 200 neue stationäre Brandverletzungen behandelt und wöchentlich 30 bis 40 Patienten in der Verbrennungssprechstunde versorgt. Neben der Nachsorge werden hier auch plastische Korrekturen geplant. Durch enge Anbindung an die „Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV)“  und den Arbeitskreis für „Das Schwerbrandverletzte Kind“ werden Patienten nach den neuesten Richtlinien und Methoden behandelt.

„Bei Frederic waren nur fünf Prozent der Haut und auch nur der obere Teil der Lederhaut von der Verbrühung betroffen“, sagt Raphael Staubach. Bei tieferreichenden Verbrennungen (ab Grad IIb) oder größeren Hautflächen sei eine Behandlung mit Fischhaut nicht ausreichend, sondern eine Hautransplantation notwendig. Bei einer solchen Spalthauttransplantation werden 0,1 Millimeter der oberen Hautschicht des Patienten an einer gesunden Stelle, meistens vom vorrasierten Kopf des Kindes oder an der Innenseite des Oberschenkels, abgetragen und an die verletzte Stelle transplantiert. Abhängig von der Entnahmetiefe ist die Wundheilungsdauer an der Spalthautentnahmestelle nach zehn bis 14 Tagen abgeschlossen.

Lasertherapie bei Verbrennungen: Besonderes Angebot am Klinikum Stuttgart

Rund 50 Spalthauttransplantationen werden jedes Jahr im Schwerbrandverletzten Zentrum in Stuttgart durchgeführt. „Leider sehen wir auch immer wieder Patienten mit großen, lebensbedrohlichen Verbrennungen“, bedauert der Kinderchirurg und erzählt, dass ein ganz besonderes Behandlungsangebot in Stuttgart die Lasertherapie sei. „Mit dem Laser können wir die Narben so bearbeiten, dass diese allmählich in die Ursprungsform der Haut zurückkehren können. Die Narben werden durch die Laserimpulse weicher und geschmeidiger, wodurch neben der kosmetischen Verbesserung vor allem Bewegungseinschränkungen an Gelenken aufgehoben werden können.“

Frederic hatte Glück im Unglück. Bewegungseinschränkungen durch die Narben hat er nicht und sind auch später nicht zu erwarten. Seine Eltern müssen in den nächsten Monaten seine Narben lediglich ein- bis zweimal am Tag eincremen und massieren, damit sie geschmeidig bleiben. Außerdem muss der Eineinhalbjährige eine Kompressionsjacke tragen, damit verdickte Narben weiter im Wachstum gehemmt werden. Da Frederic wächst, muss die Verbrennungsjacke immer wieder durch ein Sanitätshaus angepasst werden.

Zwei Drittel aller Kinder mit Verbrühungen oder Verbrennung (oder thermischen Verletzungen) sind jünger als fünf Jahre. Schon eine Tasse heißer Tee kann im schlimmsten Fall 20 Prozent der Körperfläche eines Kleinkindes verbrühen. Die häufigsten Verbrühungen im Kindesalter entstehen, wenn die Kinder etwa heiße Getränke vom Tisch oder Töpfe mit heißen Flüssigkeiten vom Herd herunterziehen. Andere mögliche Ursachen für Verbrennungen sind das Berühren heißer Herdplatten oder Backofentüren oder das Greifen nach brennenden Kerzen. Umso wichtiger sind in solchen Notfällen die richtigen Maßnahmen zur Ersten Hilfe, vor allem zur Schmerzlinderung.

Verbrennungen: Das ist im Notfall zu tun

Bei einer Verbrennung oder Verbrühung sollte die betroffene Stelle sofort gekühlt werden – am besten fünf bis zehn Minuten lang unter kühles bis lauwarmes Wasser (15 bis 18 Grad) halten. Das Kind sollte hierbei aber nicht auskühlen. Danach kann die Wunde mit einer sterilen Kompresse aus dem Verbandkasten locker bedeckt werden. Kleine Brandblasen müssen nicht zwingend geöffnet werden. Bei schlimmeren Verbrühungen oder Verbrennungen immer den Arzt aufsuchen oder den Notarzt rufen.


Beim Verein Paulinchen – Initiative für brandverletzte Kinder e.V., werden Familien nach Verbrennungs- und Verbrühungsunfällen ihrer Kinder beraten und erhalten Hife bei Problemen in der Rehabilitationszeit. Speziell am Tag des brandverletzten Kindes am 7. Dezember machen die Vereinsmitglieder auf Unfallursachen aufmerksam und informieren über Erste-Hilfe-Maßnahmen.