Bürgermeister Föll weist den Vorwurf zurück, den Gemeinderat bei der Aufhebungsvereinbarung für den Ex-Klinikumschef getäuscht zu haben. Die Erhöhung der Pension sei bereits vom Grünen-Bürgermeister Murawski 2008 vorgenommen worden.

Stuttgart - Stuttgarts Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) hat die in einem SWR-Bericht aufgestellten Behauptungen zu einer deutlich höheren Pensionszusage für den ehemaligen Klinikums-Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz zurückgewiesen. Die Stadt hatte bisher kommuniziert, im März 2016 einen Aufhebungsvertrag mit dem damals 55-Jährigen infolge des Korruptionsskandals am Klinikum geschlossen zu haben, der ihm neben einer Einmalzahlung von 100 000 Euro fünf Jahresleistungen von 160 000 Euro (insgesamt 900 000 Euro) zusichere. Der Sender hatte zuvor berichtet, ihm lägen Unterlagen vor, die nahelegten, dass daneben auch die Pensionszusage vom 60. Lebensjahr an in der Aufhebungsvereinbarung von ursprünglich etwa 100 000 auf 160 000 Euro jährlich erhöht worden sei – und dass dies dem Gemeinderat bei seiner Zustimmung zur Abfindung vorenthalten worden wäre.

 

Föll stellte klar, dass die Jahresrente für den 2005 ins Unternehmen gekommenen Direktor tatsächlich 160 000 Euro betrage – und auch, dass sie vom 60. Lebensjahr an gelte, also ab 2021. Allerdings sei die Erhöhung nicht bei der Trennung, sondern bereits 2008 bei der vorletzten Vertragsverlängerung vereinbart worden. Damals war der kürzlich als Staatsminister ausgeschiedene Klaus-Peter Murawski (Grüne) Krankenhausbürgermeister.

SPD-Fraktionschef Körner fordert Wölfles Rücktritt

OB Fritz Kuhn (Grüne) hat für diesen Donnerstag die Fraktionsvorsitzenden eingeladen, um über den Akteneinsichtsausschuss zur Korruption im Klinikum zu informieren. Dieser war gefordert worden, um die Misswirtschaft im Zusammenhang mit der Behandlung ausländischer Patienten in der International Unit (IU) aufzuklären und die politische Verantwortung zu verorten. In dieser Sitzung wird nun die Debatte über die Pension des Ex-Geschäftsführers breiten Raum einnehmen.

SPD-Fraktionschef Martin Körner hat mit Verweis auf den Bericht des SWR erneut die Frage aufgeworfen, ob die Rathausspitze die Räte absichtlich falsch über die Aufhebungsvereinbarung im Frühjahr 2016 informiert haben könnte. Sein Vertrauen in die Verwaltung sei erschüttert, er fordert den Rücktritt des ehemaligen Krankenhausbürgermeisters Werner Wölfle (Grüne). Auch Michael Föll und OB Kuhn stünden unter dem Verdacht, die Abstandszahlung von 900 000 Euro mit einer weiteren Million „noch stärker vergoldet zu haben“. Körner führt neben dem SWR-Bericht als eigenen Beweis die Pensionsrückstellungen in der Klinikumsbilanz an. Waren Ende 2015 noch 1,243 Millionen Euro für Schmitz eingestellt, waren es 2016 plötzlich 3,139 Millionen Euro, also 1,9 Millionen Euro mehr. Föll betont dagegen, alle Angaben gegenüber dem Gemeinderat seien stets korrekt gewesen.

SPD und FDP wollen eine Sonderprüfung

SPD und FDP wollen auch wegen dieser Beträge im Krankenhausausschuss eine Sonderprüfung der Aufhebungsvereinbarung durch einen externen Spezialisten beschließen lassen. In einem Antrag heißt es, Föll habe im Ausschuss behauptet, der Anstieg sei „auf eine falsche Berechnung der Pensionsrückstellungen zurückzuführen“. Körner meint, das sei eine Ausrede. Auch Stefan Nägele, der Anwalt des Ex-Geschäftsführers, hatte vor einigen Monaten bei einem Arbeitsgerichtstermin süffisant bemerkt, eine höhere Abfindung als nur 900 000 Euro ausgehandelt zu haben. Bürgermeister Föll hat wiederum hervorgehoben, wie sehr ihn die Abfindung für Schmitz ärgere. Sollten die Ermittlungen gegen Schmitz im Zusammenhang mit der Misswirtschaft wegen Untreue Anhaltspunkte für eine arglistige Täuschung ergeben, käme die Vereinbarung selbstverständlich noch einmal auf den Prüfstand.

Die Trennung von Schmitz erfolgte seinerzeit laut SPD-Antrag „nach sehr kurzfristigen Beratungen und sehr wenigen Informationen durch die Stadtverwaltung“. Körner dürfte auch deshalb auf Klärung dringen, weil er seiner Fraktion damals die Zustimmung empfahl, vier Genossen dennoch dagegen stimmten (neben SÖS/Linke-plus). Er setzt den alten und den neuen Krankenhausbürgermeister mit dem Hinweis zusätzlich unter Druck, dem Gemeinderat seien in der Sitzung, in der es um die Trennung von Schmitz gegangen sei, Informationen des Rechnungsprüfungsamts vorenthalten worden. Fölls Begründung dafür, die Staatsanwaltschaft habe gebeten, diesen Kenntnisstand nicht an „Dritte“ weiterzugeben, ist für Martin Körner nicht stichhaltig. Nach seinen Informationen habe die Anklagebehörde ganz sicher nicht das Hauptorgan gemeint. Das müsse auch auf den Prüfstand.

Föll verteidigt den Aufhebungsvertrag

Im Abschlussbericht der Rechnungsprüfer sei davon die Rede gewesen, dass       „Schadensersatzansprüche gegen Schmitz“ geprüft gehörten und dass es den Verdacht strafrechtlich relevanter Handlungen in der Auslandsabteilung gebe. Diese würden die Stadt ermächtigen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Mit diesen Informationen hätte man sicher die fristlose Kündigung empfohlen. Föll teilte am Mittwoch mit, mit dem Aufhebungsvertrag würden sich für die Stadt deutlich niedrigere Aufwendungen ergeben als im Falle einer fristlosen Kündigung. Die Entscheidung sei sorgfältig abgewogen und mit Anwälten besprochen gewesen. In anderen Fällen, etwa bei dem in Untersuchungshaft sitzenden Ex-Abteilungsleiter Andreas Braun und der Chefin für Controlling und Finanzen, Antje Groß, zeigte sich die Stadt weniger ängstlich – obwohl die Niederlagen vor dem Arbeitsgericht absehbar waren.

Ob nun 100 000 oder 160 000 Euro Rente pro Jahr – die Berechnung der Klinikums-Leistungen für Schmitz durch die SPD bleibt unvollständig. Tatsächlich erhielt er neben der Abfindung laut Beteiligungsbericht für die Arbeit vom 1. Januar bis 17. März 2016 noch 216 000 Euro inklusive 70 000 Euro Erfolgsprämie.