Hinter verschlossenen Türen diskutieren die Sindelfinger Stadträte am Donnerstag, wie es mit dem Klinikverbund Südwest weitergehen soll. Bleibt die Stadt im Verbund oder soll sie aussteigen?

Sindelfingen - Die seit Monaten andauernden Querelen im Klinikverbund Südwest – dem Träger von sechs Kliniken in den Kreisen Böblingen und Calw – gehen in eine neue Runde – nun unter veränderten Vorzeichen. Übte bisher vor allem der Kreis Böblingen Druck auf den Mitgesellschafter, die Stadt Sindelfingen, aus und forderte eine schnelle Entscheidung über deren Verbleib im Verbund, scheint nun Sindelfingen die Oberhand zu gewinnen. Das Szenario eines Ausstiegs der finanzstarken Stadt aus dem Klinikverbund wird erörtert – und erschreckt nun die Vertreter des Kreises. Jedenfalls war es dem Landrat Roland Bernhard gestern wichtig, in seiner Rede im Kreistag vor den Jubiläumsfeierlichkeiten des Kreises zu betonen: „Der Landkreis will nicht die Stadt Sindelfingen bedrängen, das Gegenteil ist der Fall: Über jeden solventen Partner sind wir froh.“

 

Auch das Sozialministerium macht Druck

Soll die Stadt Sindelfingen den Klinikverbund Südwest verlassen? Was tun, wenn das Defizit des Verbunds wächst, muss die Stadt dann zahlen? Und wie soll sie sich an der Finanzierung der geplanten Flugfeldklinik beteiligen? Diese Fragen stellten der Böblinger Landrat und viele Kreisräte seit Monaten immer wieder – und immer lauter. Auch das baden-württembergische Sozialministerium forderte jüngst in einem Schreiben Aufklärung, bevor es eine Zusage über eine eventuelle Förderung eines Klinkneubaus gibt.

Der Druck auf die Stadt wächst also. Dagegen wehrt sich der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer. Er habe den Eindruck, man wolle die Stadt aus dem Klinikverbund drängen. Doch Druck bekommt der Rathauschef auch aus den Reihen seines Gemeinderats. Im vergangenen Jahr hatte ausgerechnet der CDU-Fraktionschef Walter Arnold vom CDU-Schultes Vöhringer eine „Sondersitzung zum Thema Klinikverbund“ gefordert. Am Donnerstag ist es nun soweit. Das Gremium berät hinter verschlossenen Türen.

Sicher ist momentan nur eines: für Sindelfingen wird es teuer. Es kostet viel Geld, wenn die Stadt im Verbund verbleibt. Sie muss aber auch noch lange zahlen, wenn sie den Austritt aus dem Verbund beschließt. Denn in einem Konsortialvertrag ist festgelegt, unter welchen Umständen die Stadt den Verbund verlassen kann: Erst wenn dieser sechs Jahre lang ein Defizit schreibt, darf ein Gesellschafter austreten. Dies wird erstmals in diesem Jahr der Fall sein: mit mindestens sechs Millionen Euro Miese wird gerechnet. Dies müssen die Gesellschafter aus eigenem Säckel ausgleichen.

Stimmung im Rat für einen Ausstieg

„Es kann nicht sein, dass Sindelfingen zweimal zahlt, einmal über die Kreisumlage und noch einmal als Gesellschafter-Zuschuss“, moniert der CDU-Rat Arnold. „Krankenhäuser sind eine Aufgabe des Kreises“, betont der FDP-Fraktionschef Andreas Knapp immer wieder. Und sein grüner Kollege Hans Grau fordert bereits seit Jahren, die „Sindelfinger Klinik zu verkaufen“. Er hält vor allem das jetzige Konstrukt des Klinikverbunds mit drei Gesellschaftern – neben dem Kreis Böblingen und der Stadt Sindelfingen noch der Kreis Calw – für viel zu kompliziert. Diese Meinung teilen auch die meisten SPD-Räte. Lediglich bei den Freien Wählern regt sich noch Widerstand gegen die Pläne eines Ausstiegs. Diese möchten gerne weiter in einer städtischen Klinik mitreden können.

Einen Ausstieg schließt hingegen mittlerweile auch der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer nicht mehr aus, allerdings frühestens, wenn die Pläne für den Bau einer zentralen Klinik festgezurrt seien. Er befürchtet, dass sonst Kreisräte aus anderen Regionen des Landkreises einen anderen als den von Sindelfingen favorisierten Standort auf dem Flugfeld für den Neubau beschließen könnten.

Eine Entscheidung über die Zukunft Sindelfingens im Klinikverbund wird am Donnerstag wahrscheinlich noch nicht fallen. Zunächst sollen alle Fakten auf den Tisch. Trotzdem hielt es der Landrat Bernhard gestern für notwendig, die Sindelfinger auf ihre Verpflichtungen hinzuweisen: „Es gibt einen Konsortialvertrag.“ Ein Gesellschafter könne nicht einfach so aus dem Verbund austreten.