In Deutschland fehlt es an Fachkräften. Deshalb holt der Klinikverbund Pfleger und Schwestern aus Italien und Portugal. Diese sind froh, der Arbeitslosigkeit zu entkommen.

Sindelfingen - Vor einem Jahr war beim Klinikverbund Südwest Land unter: Überall fehlten Pflegekräfte. Die neu eingerichtete Intensivstation in der Sindelfinger Klinik konnte nur zur Hälfte belegt werden, weil es nicht genügend Personal gab. Der deutsche Pflegekräftemarkt war leer gefegt. Diese Lücken füllen nun Schwestern und Pfleger aus Italien und Portugal.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass sich deutsche Krankenhäuser Fachkräfte aus dem Ausland holen. „Das ist eine Wellenbewegung im Abstand von etwa 20 Jahren“, sagt Thomas Hrubesch, der Pflegedienstleiter des Sindelfinger Klinikums. „Vor 40 Jahren kamen Schwestern aus Asien, vor 20 Jahren aus Kroatien.“ Bei den früheren Fachkräfteimporten lief nicht immer alles rund. Der Klinikverbund hat aus diesen Erfahrungen gelernt. Die 21 Pfleger aus Südeuropa werden intensiv auf ihre Aufgaben vorbereitet. Seit Mai sind die Frauen und Männer im Alter von 24 bis 32 Jahre da. Seither lernen sie beim Internationalen Bund (IB) in Stuttgart-Vaihingen Deutsch. Am 14. Dezember steht die Sprachprüfung an. Nur wer sie besteht, wird von Januar an auf den Stationen in Böblingen, Sindelfingen, Leonberg und Herrenberg eingesetzt.

Die Pfleger wollen lange bleiben

In direkten Gespräch plaudern Helena Mourao, Maria Tarantino und Bruno Pinho – drei der Nachwuchskräfte – munter drauf los. Ihre Motivation ist groß. Trotz exzellenter Ausbildung – vier Jahre Krankenpflegestudium an der Universität – waren sie alle arbeitslos. „Bei uns ist jeder zweite bis 25 Jahre ohne Arbeit“, sagt Bruno Pinho, der aus der nordportugiesischen Stadt Porto stammt. Und so sieht er seinen Aufenthalt in Deutschland nicht als kurzfristiges Abenteuer, sondern als langfristige Perspektive. Dies treffe auf alle der neuen Pflegekräfte zu, sagt Joachim Erhardt, der Pflegedirektor des Klinikverbunds. Er ist persönlich mit Kerstin Franz von der Personalabteilung nach Portugal geflogen. 40 Interviews haben sie dort geführt. „Fast alle wollten sofort unterschreiben.“

Klinikverbund investiert 170 000 Euro in die Einarbeitung

Doch Erhardt schaute sich die jungen Leute sehr genau an. „Die Zeugnisse unterschieden sich nicht groß. Mir kam es besonders auf die Motivation an, sich auf ein fremdes Land einzulassen.“ Dabei schonte er die Bewerber nicht. Das Wetter, das Essen, das Heimweh – alles wurde angesprochen. Wer dann einen Vertrag unterschrieb, verpflichtete sich, nach Abschluss des Deutschkurses mindestens zweieinhalb Jahre beim Klinikverbund zu arbeiten. Immerhin investiert der Verbund rund 170 000 Euro in die Einarbeitung der jungen Leute, die während des Deutschkurses untergebracht werden müssen und ein Taschengeld erhalten.

Nebenbei lernen die südeuropäischen Schwestern und Pfleger die Häuser des Klinikverbunds kennen. Seit Anfang Oktober werden sie auf den Stationen eingearbeitet. Bei den Patienten kommen die Südeuropäer gut an. Was ihnen an Deutschkenntnissen fehlt, machen sie mit Charme wett. „Von Schwester Helena, die immer ein Lächeln für mich hat, könnten sich viele deutsche Kollegen eine Scheibe abschneiden“, sagt der Sindelfinger Horst Frey, der seit zwei Wochen von der 26-Jährigen auf der Urologischen Station gepflegt wird.

Angetan sind die Südeuropäer vom gut organisierten deutschen Klinikalltag. „Alle Patientendaten finden sich im PC. Bei uns zuhause musste ich mich durch Papierberge wühlen“ , lobt Maria Tarantino. Gewöhnungsbedürftig findet die Süditalienerin hingegen das deutsche Essen („die Pizza hier schmeckt wie Cookies“) und das Wetter („zu kalt“). Nur Bruno Pinho freut sich auf den deutschen Winter: „Ich möchte unbedingt Snowboard fahren lernen.“