Nicht nur in den sechs Krankenhäusern des Klinikverbunds Südwest wird das Defizit immer größer. Bundesweit kämpfen die Kliniken, um die Patientenversorgung zu finanzieren. In Berlin forderten sie mehr Geld.

Böblingen/Berlin - Mehr als tausend Klinikgeschäftsführer, Betriebsratsvorsitzende, Oberbürgermeister und Landräte aus ganz Deutschland haben am Dienstag in Berlin eine Petition an den Bundestag verabschiedet, in der sie eine „faire Krakenhausfinanzierung“ fordern. Sie monieren, dass Bund, Länder und Krankenkassen die Träger kommunaler und gemeinnütziger Kliniken nicht ausreichend unterstützen. Dadurch sei „die qualitativ hochwertige Patientenversorgung gefährdet“.

 

51 Prozent der kommunalen Kliniken schreiben rote Zahlen, sagt der Böblinger Landrat Roland Bernhard. Allein in Baden-Württemberg schöben die Kliniken einen Sanierungsstau von 1,2 Milliarden Euro vor sich her. Vor diesem Hintergrund hatte die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ihre Mitglieder zum Krankenhausgipfel eingeladen. Der einzige Tagesordnungspunkt: die Übergabe der Petition an Vertreter des Bundestags. Auch die Region Stuttgart war gut vertreten. Besonders engagiert ist der Klinikverbund Südwest aufgetreten, der mit zehn Personen anreiste, darunter alle drei Aufsichtsratsvorsitzende – die Landräte Bernhard und Helmut Riegger (Calw) sowie der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer – und die Geschäftsführerin des Verbunds, Elke Frank.

„Die Klagen der Teilnehmer sind alle dieselben: Die Häuser sind chronisch unterfinanziert“, berichtete Roland Bernhard von den Gesprächen aus Berlin. Die Klinikvertreter bemängelten, dass die Krankenkassen bei ihren Vergütungen nicht die Tarifsteigerungen berücksichtigten. „Seit 2006 sind die Tariflöhne um 15,9 Prozent gestiegen, die Preise für die Krankenhäuser aber nur um 8, 7 Prozent angepasst worden“, monieren die Teilnehmer des Gipfels in der Petition. Hinzu käme der Solidaritätsbeitrag an die Krankenkassen, die aber mittlerweile einen Überschuss von 30 Milliarden Euro erwirtschaftet hätten.

Klinikverbund Südwest hat ein Defizit von 23 Millionen Euro

Die sechs Krankenhäuser der Kreise Böblingen und Calw, die im Klinikverbund Südwest zusammengefasst sind, haben mittlerweile ein Defizit von 23 Millionen Euro zu verzeichnen, das die Kreise aus ihren Haushalten ausgleichen müssen. „Und die Tendenz ist steigend“, sagt der Landrat Bernhard. „Die Lücke in der Finanzierung geht auf Kosten der Mitarbeiter in den Krankenhäusern“, kritisiert Bernhards Kollege Helmut Riegger. „Immer weniger Personal muss immer mehr Patienten versorgen.“ Von der Idee einer schwarzen Null, die vor wenigen Jahren Vorgabe im Gesundheitswesen gewesen war, haben sich die meisten Krankenhäuser mittlerweile verabschiedet. „Kliniken müssen wirtschaftlich arbeiten, da sind wir uns einig. Aber sie sind bei weitem kein klassisches Wirtschaftsunternehmen“, sagte der Sindelfinger OB Bernd Vöhringer.

Die Vertreter des Klinikverbunds fordern gemeinsam mit ihren Kollegen der anderen öffentlichen deutschen Kliniken eine Soforthilfe für die Krankenhäuser sowie, „die Vergütungen 2013 so anzuheben, dass die unabwendbaren Kostensteigerungen refinanziert werden“.

Außerdem müssten auch die Bundesländer ihrer Verpflichtung zu Investitionen in die Krankenhäuser nachkommen. Diese Forderungen überreichten die Teilnehmer des Gipfels Annette Widmann-Mauz, der parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium und CDU-Bundestagsabgeordneten aus Tübingen sowie Vertretern aller Bundestagsfraktionen. Die Fraktionen sicherten Unterstützung zu. Sie versprachen eine Soforthilfe für die Kliniken sowie einen langfristigen Umbau der Krankenhausfinanzierung. Zahlen oder konkrete Zeiträume wurden allerdings nicht genannt.

Elke Frank, die Geschäftsführerin des Klinikverbunds Südwest, ist mit diesem Ergebnis nicht so recht glücklich. „Es war wenig konkret. Ich hatte mir erhofft, detailliertere Zusagen zu bekommen“, sagte sie leicht resigniert nach dem Gipfel. Etwas optimistischer fiel die Bewertung durch die Landräte aus. „Alle Fraktionen haben versprochen, dass die Krankenhausfinanzierung das Thema der kommenden Legislaturperiode sein wird, und zwar unabhängig davon, wer dann an der Regierung ist“, sagte Helmut Riegger.

Weitere Aktionen sind geplant

Der Krankenhausgipfel war nur der Auftakt zu einer Reihe bundes-, landes- und auch kreisweiter Aktionen der Kliniken zur Verbesserung der Finanzierung von Krankenhäusern. Auch im Kreis Böblingen sind in den kommenden Monaten Patienteninformationsabende und andere Veranstaltungen geplant.