Hitzefrei ist für Anfänger: Das Indie-Festival Klinke sorgt auch diesen August für die nötige Dosis Livemusik, wenn alle anderen Urlaub haben.

Stuttgart – Flirrende Hitze, Tempolimit auf Autobahnen, Feinstaub, kein Quadratzentimeter freier Boden am Palast, Wasserengpässe in den Supermärkten: So ein August kann in Stuttgart durchaus anstrengend sein. Stichwort: Kessellage und so. Er ist aber eben auch ein einzigartig guter Konzertmonat. Das liegt mehr oder weniger solitär am Kulturzentrum Merlin, das Jahr für Jahr sein feines Klinke Festival zelebriert, während alle anderen Veranstalter, Booker und Locations ins komatöse Sommerloch fallen und lieber am Baggersee das Herbstprogramm finalisieren.

 

Pop bis Krach

Klinke, das heißt Jahr um Jahr: Regionale und internationale Bands, die oft und gern zwischen allen Stühlen sitzen. Indie, Blues, Rock, Krach, Pop, Folk, Elektro, Avantgarde, Psychedelisches und Merkwürdiges, einfach alles eben, was das weite Feld der alternativen Musikkultur hergibt, zusammengebracht im wohl längsten Festival der Stadt. Von Anfang bis Ende August, jeweils mittwochs bis samstags, wird das Merlin 16-mal beschallt, wird im Konzertraum Musik gelauscht und im lauschigen Garten geplaudert. Bei freiem Eintritt. Was natürlich nicht heißt, dass man den Bands nichts spenden soll. Aber das weiß man hier längst.

Bei aller Konstanz, bei aller Tradition gibt es in diesem Jahr einige Neuerungen im Anti-Sommerloch. Auf Support-Acts wurde verzichtet, zudem kommen mit den Mannheimern Psych-Rock-Hypnotiseuren The Casey Jr. Ride und Blind Butcher aus Luzern diesmal nur zwei Bands nicht aus der Region. Der Rest zeigt mal wieder, wie viel gerade so passiert im Kessel. Am 3. August betören Cebra mit ihrem träumerisch-psychedelischen Pop, die Akademische Betriebskapelle will am 5. August John Cage mit Hansi Hinterseer mischen (autsch), Everdeen präsentieren Exilanten und Neu-Stuttgarter aus San Francisco ihren melancholischen, mäandernden Indie Rock und Pale Heart dröhnen sich am 12. August durch ihren warmen Blues Rock.

Wasserstandsmeldung

Alles anders, alles aus der Region. Und diesmal erstmals ohne direkte Förderung. Klinke-Booker Arne Hübner sieht‘s gelassen. „Wir haben bislang einen Zuschuss aus der Projektförderung Musik des Kulturamts bekommen. Diese Förderung“, betont er, „ist aber eigentlich für ein-/zwei- oder dreimalige Projekte gedacht. Deshalb hat das Kulturamt dem Gemeinderat vorgeschlagen, den institutionellen Zuschuss des Merlin um diesen Betrag zu erhöhen. Das wäre großartig für uns, denn es zeigt, dass die Klinke als feste Größe der Konzertlandschaft Stuttgarts anerkannt ist und wir nicht mehr jedes Jahr um diese Förderung bangen müssen. Letztlich wird der Gemeinderat im Dezember darüber entscheiden.“ Es wäre zu wünschen, immerhin bildet die Klinke Jahr für Jahr eine Art Wasserstand der Stuttgarter Muiskwelt ab, hatte mit frühen Auftritten von Acts wie Levin Goes Lightly oder Schmutzki öfter mal ein Händchen für spätere Erfolgsgeschichten. Diesmal wird das nicht anders sein, aber eben ein klein wenig auf Diät gesetzt. Wir haben größtenteils auf die Supports verzichtet sowie – bis auf zwei Ausnahmen – auf Bands von außerhalb. Das“, so Hübner, „hält den technischen und organisatorischen Aufwand des Festivals kleiner. Ansonsten sparen wir uns übers Jahr gesehen die Klinke zusammen und hoffen auf die Zuschusserhöhung für die kommenden Jahre.“

Ungeachtet dessen hat man auch diesmal wieder ein abwechslungsreiches Programm für die 16 Abende zusammengestellt. Was eine Band braucht, um Hübner zu überzeugen? Lieber etwas gekonnter Dilettantismus und eine entspannte Grundeinstellung, als überambitionierte Professionalität“, meint er und lächelt. „Und dann kommt es bei der Klinke ja noch auf die Mischung an, bei 16 Konzerten soll sich eine gewisse Bandbreite der hiesigen Musikszene darstellen lassen. Das dürfte dieses Jahr wieder gut hinhauen!“

www.merlinstuttgart.de