Die Freude ist ihm anzusehen: Jürgen Klopp verspricht in Liverpool Tempo-Fußball mit Emotionen. Sich selbst stellt er mit den Worten vor: „I am the normal one“. Liverpool sei für ihn „vielleicht die größte Herausforderung im Weltfußball“.

Liverpool - Jürgen Klopp hat den Fans des FC Liverpool schon am ersten Arbeitstag Vollgas-Fußball mit Emotionen versprochen, nur Wunder könne auch er nicht vollbringen. Bei seiner ersten, rund 30-minütigen Pressekonferenz an der legendären Anfield Road verpasste sich der bestens aufgelegte 48-Jährige dafür gleich selbst den Spitznamen für seine Zeit bei dem „geilen Club“.

 

„I am the normal one“, sagte Klopp am Freitag mit einem Grinsen. Die Lacher der zahlreichen Journalisten hatte er damit schon auf seiner Seite.

Am Vorabend war sein seit Wochenbeginn erwartetes Engagement bei den „Reds“ besiegelt worden. Für drei Jahre soll sein Vertrag bei dem 18-maligen englischen Meister gelten. „Ich bin überzeugt, dass jetzt die Zeit für den Neustart gekommen ist“, sagte Klopp in der Pressekonferenz, zu der er in dunkler Jeans mit schwarzem Hemd und schwarzem Sakko erschien.

80 Prozent der Zuschauer waren „sehr beeindruckt“

Ohne Scheu stellte er sich den Fragen der britischen Journalisten, die Entschuldigung für sein Englisch gleich zu Beginn dürfte reine Koketterie gewesen sein. Jedenfalls kam sein erster Auftritt offensichtlich bestens auf der Insel an: In einer Blitz-Onlineumfrage des „Telegraph“ zeigten sich gut zweieinhalb Stunden nach PK-Ende 80 Prozent „sehr beeindruckt“. Der ehemalige deutsche Nationalspieler und langjährige Liverpool-Profi Dietmar Hamann lobte via Twitter: „Großartiger Start für Klopp. Die Demut, die er zeigte, war erfrischend.“

Zuvor hatte Klopp sich bereits für den Verein im roten Shirt mit dem Logo der Liverpooler interviewen lassen. Und auch hier wurden Begeisterung, Vorfreude und positive Anspannung deutlich. Auf die Frage, ob es eine leichte Entscheidung gewesen sei, entgegnete Klopp nach einem herzhaften Lachen: „Es war nicht die schwerste Entscheidung.“

Fußball mit Tempo, Fußball mit Emotionen - das soll Liverpool unter der Führung von Klopp sein. „Ich glaube an einen Fußball, der sehr emotional ist, sehr schnell und sehr kraftvoll. Meine Mannschaften müssen Vollgas spielen und in jedem einzelnen Spiel ans Limit gehen.“

„Vergessen wir das Geld und alle Investitionen“

Momentan sei niemand in Liverpool zufrieden, räumte Klopp ein. Man erwarte richtig große Schritte. „Es ist derzeit vielleicht die größte Herausforderung im Weltfußball“, behauptete er daher von seinem neuen Job. Angesichts zahlreicher Verpflichtungen und großer

Ausgaben in den vergangenen Monaten rief er gut gelaunt, aber sichtlich entschlossen dazu auf: „Vergessen wir das Geld und alle Investitionen, wir denken jetzt über den Fußball nach.“ Klar machte Klopp aber auch, wer ab jetzt das Sagen bei Transfers hat. „Ich habe das erste und das letzte Wort.“

Bis zur ersten Bewährungsprobe hat Klopp nun ein wenig Zeit, allerdings stehen ihm Nationalspieler wie der Deutsche Emre Can vorerst wegen der EM-Qualifikation noch nicht zur Verfügung. Am 17. Oktober ist es dann aber soweit: Der FC Liverpool tritt mit seinem neuen Trainer bei Tottenham Hotspur an. Danach folgt am 22. Oktober das erste Heimspiel für Klopp. Der Gegner: Rubin Kasan, der Wettbewerb: Europa League.

Klopp nimmt sich viel vor

Am Ende dieser Saison will der FCL aber wieder in die Champions League und mittelfristig noch mehr. „Im Moment sind wir nicht das beste Team in der Welt, aber was soll’s? Wir wollen in Zukunft das beste Team in der Welt sein“, betonte Klopp.

Kein Wunder, dass Reds-Geschäftsführer Ian Ayre bereits voll des Lobes für den neuen Coach ist, mit dem der 18-malige englische Meister, zuletzt allerdings 1990, wieder zu einer dauerhaften europäischen Top-Adresse werden will. „Sein Charakter passt sehr gut zu diesem Club, zu dieser Stadt und den Fans.“

Klopp als Mensch und Fußball-Trainer würde den FC Liverpool widerspiegeln. „Ich denke, das spricht für eine großartige Heirat in vielerlei Hinsicht“, betonte Ayre. Es sei auch offensichtlich, dass Klopp dieses Gefühl, die Liebe und die Verbindung zu Liverpool habe. „Es hätte keinen anderen Job gegeben, der ihn aus seinem Sabbatjahr hätte holen können“, sagte Ayre. „Wir haben also zur richtigen Zeit angerufen und das richtige Ergebnis erzielt.“ Zu welchen Resultate das nun führt, wird sich zeigen.

Klopp freute sich jetzt erstmal über einen der „besten Momente meines Lebens“, ehe er vielsagend rhetorisch in die Runde fragte: „Glaubt irgendeiner in diesem Saal, dass ich Wunder vollbringen kann?“ Die Antwort gab er dann auch selbst. Er komme aus dem Schwarzwald und er sei ein Durchschnittstyp. Oder wie er seit Freitag sicher erstmal überall genannt wird: „The Normal One.“