Knapp 30 Parzellen überall im Stadtgebiet sollen bald für die Bewirtschaftung durch Privatleute zur Verfügung stehen. Innerhalb des Gemeinderats herrscht allerdings bei manchen Mitgliedern wenig Euphorie.
Hier ein paar Tomaten neben dem Schulgelände, dort Erdbeeren und Frühlingsblüten im Grünstreifen, und Gurken gibt es von ehemaligen Brachflächen oder Vordächern: Urban Gardening ist in vielen Städten im In- und Ausland längst Realität. Gemeint ist damit, dass die Kommunen eigene Flächen für Privatleute zur Verfügung stellen, damit die dort eigenverantwortlich Obst, Gemüse, Kräuter oder Blühpflanzen großziehen. In der Regel handelt es sich um kleine Parzellen, die zuvor keinen herausragenden ökologischen Wert hatten, einfache Grünstreifen etwa. Die Vorteile der Umwidmung liegen auf der Hand. Flächen, um die sich sonst die Kommune kümmern müsste, werden von Privatpersonen gepflegt. Gleichzeitig wird das Stadtbild verschönert, und Familien oder Einzelpersonen, die vielleicht keinen eigenen Garten haben, können sich gärtnerisch austoben und ganz nebenbei noch etwas für die Tierwelt und fürs Klima tun. Win-win für alle.
Auch in Filderstadt sollen Stadtoasen entstehen. Das Umweltschutzreferat hat alle Potenzialflächen im Stadtgebiet beäugt, knapp 30 wurden als geeignet eingestuft. Sie liegen in sämtlichen Stadtteilen und mitunter mitten im Wohngebiet. Beispiele befinden sich in Bonlanden beim Friedhof, in Sielmingen beim Festplatz oder in Bernhausen am Fleinsbach und am Hallenbad.
Geplant ist, dass sich Interessierte nach einer Werbephase direkt beim Umweltschutzreferat melden. Ist für sie etwas Passendes dabei, wird ein Patenschaftsvertrag über die ausgewählte Fläche aufgesetzt. Auf Wunsch hilft der Bauhof beim ersten Umgraben, danach will die Stadt sich aus den Gärtchen raushalten. „Dann können die Leute nach Gusto loslegen“, sagte Claudia Arold, eine der beiden Leiterinnen des Umweltschutzreferats, in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses.
In Stuttgart gibt es schon viele erfolgreiche Projekte
Urban Gardening gibt es hierzulande vielerorts. In Stuttgart gibt es zahlreiche sehr erfolgreiche Projekte, etwa den Stadtacker im Norden, Chloroplast in Weilimdorf oder El Palito in Degerloch. Die Landeshauptstadt hat sogar ein spezielles Förderprogramm „Urbanes Grün“ aufgelegt. Nürtingen hat zum Beispiel den Wörth-Garten, in Esslingen gibt es unter anderem das Stadtgärtle. Claudia Arold hat sich vorab bei anderen Kommunen erkundigt, wie das Urban Gardening dort abläuft. „Jede Stadt, die das anbietet, hat Vereine im Rücken“, berichtete sie. Filderstadt hingegen möchte das Ganze niederschwellig angehen. „Wir wollen das mal ganz offen, ganz lose anbieten.“
Das Thema Urban Gardening geht auf einen Haushaltsantrag der Grünen zurück. In der Fraktion freute man sich nun, dass Bewegung in die Sache kommt. Anderswo wurde das Stadtgärtnern allerdings kritisch gesehen. Richard Briem (Freie Wähler) zweifelte in der Sitzung an, dass es überhaupt einen Bedarf gibt. „Ich denke, es wird ganz fehl am Platz sein. Ich glaube, wir haben andere Probleme und Vorhaben, bevor wir jetzt wieder ein Fass aufmachen“, sagte er. Dieter Weinmann (CDU), selbst Gärtnermeister und Landwirt, mahnte, „es ist nicht nur säen und ernten, es ist eine Aufgabe“. Er plädierte dafür, zunächst nur mit einer Fläche pro Stadtteil zu starten. Jutta Clement-Schmid (FDP) wollte am liebsten einen Gartenverein eingesetzt wissen. Frank Schwemmle (SPD) wiederum stellte sich gegen die Bedenkenträger und sprach von unnötigem Bürokratismus. „Da macht die Stadt mal einen Vorschlag, und dann kommt der Gemeinderat und sagt, wir müssen Regeln aufstellen. Da müssen wir als Gemeinderat keine Doktorarbeit draus machen“, sagte er. Man solle das Projekt nicht schon vor dem Start madig machen.