Die Ausgaben steigen, die Schulden auch: In Korntal-Münchingen stellt man sich die Frage, was sich die Stadt überhaupt noch leisten kann.

Saniert die Stadt Korntal-Münchingen in Münchingen die Stuttgarter Straße fertig oder modernisiert sie das Freizeitbad? Erneuert sie dort die Sporthalle – oder konzentriert sie sich auf die Sanierung der Sportplätze? Nach Ansicht des CDU-Chefs Oliver Nauth stehen mangels Geld „schwerwiegende Entscheidungen“ an. „Es ist nicht das Geld vorhanden, um alles zu erfüllen“. Eine Konzentration auf das Wesentliche werde nötig. Nauth ist froh, dass auf Initiative der CDU der Gemeinderat die Investitionen priorisiert – zu denen die Realisierung einer Allee zwischen den Ortsteilen „auf absehbare Zeit“ nicht gehören dürfe. „Die CDU-Fraktion möchte gern knappe Haushaltsmittel und Personalressourcen in die Ertüchtigung der bestehenden Infrastruktur und tatsächlichen Klima- und Umweltschutz investiert sehen.“

 

Oliver Nauth macht der Haushaltsplan, den der Gemeinderat verabschiedet hat, große Sorgen. „Die Lage ist wirklich ernst.“ Im Ergebnishaushalt stehe ein Minus von 3,6 Millionen Euro. Bis 2028 sollen die jährlichen Defizite auf ein noch nie dagewesenes Niveau von 8,9 Millionen Euro steigen. Nach den aktuellen Planungen würden für 2028 Schulden von 36 Millionen Euro prognostiziert. Die liquiden Mittel, bis 2022 auf eine Rekordhöhe von 55,7 Millionen Euro angewachsen, sollen bis 2028 rasant auf 1,8 Millionen Euro abgeschmolzen sein. Korntal-Münchingen, so Nauth, habe zwar kaum Altschulden, sei aber zu großzügig mit den Rücklagen, den liquiden Mitteln, umgegangen.

CDU: Wir müssen uns entscheiden

Wie andere Kommunen muss auch Korntal-Münchingen immer höhere Personal- und Sozialausgaben stemmen. Hinzu kommen stark steigende Kreisumlagen. Freilich gibt die Stadt auch Geld für eigene Projekte aus: die Kita Korntal-West, die Multifunktionshalle in Münchingen. Dieses Jahr will sie 35 Millionen Euro investieren.

Marianne Neuffer, die Vorsitzende der Freien Wähler (FW), sagt, so bedenklich die Lage sei, „lähmen darf sie uns nicht“. Das mit Abstand größte Fragezeichen sei im Schulbereich. Weder im Haushalt noch in der mittelfristigen Finanzplanung sei die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen hinterlegt. „Aus Sicht der Freien Wähler wird keine unserer Grundschulen bis 2026/27 den Ganztag umsetzen können“, fürchtet Neuffer. Da insgesamt die Kinderbetreuung immer mehr an Wichtigkeit zugenommen habe, bestehe hier der größte Handlungsbedarf. „Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss mit Planbarkeit einhergehen, sonst sind meist die Frauen diejenigen, die zurückstecken müssen.“

Freie Wähler: Bemühungen um weitere Gewerbeflächen

Problematisch findet die Fraktion den Investitionsstau in den städtischen Liegenschaften. Mit 4,5 Millionen Euro jährlich für Unterhaltungsmaßnahmen „kommen wir da nicht weit“. Höhere Gewerbesteuereinnahmen sind laut den FW eine Möglichkeit, mehr Geld in die Kasse zu spülen. Die potenziellen Gebiete „Nördlich Kornwestheimer Straße“ sowie „Aichelin/Greutter“ müssten ganz in den Vordergrund der Bemühungen um weitere Gewerbeflächen rücken.

Der Grünen-Chef Harald Wagner richtet seinen Blick unter anderem auf die Frage nach Beiträgen gegen Erderhitzung und für Klimaanpassung. Es gehe um eine schnelle, kostengünstige und wirksame Umsetzung. „Wir warten schon einige Jahre auf Blühstreifen an der Stadthalle“, meint Wagner, der auch fordert, dass die Stadt mehr für Radler und Fußgänger tut. Ein entsprechendes Konzept gebe es bereits.

Grüne: Verzicht an bestimmten Investitionen

Doch die Spielräume der Stadt seien verengt, nicht nur wegen der vielen Krisen. „Unsere gegenwärtigen hohen geplanten Investitionen binden viele Mittel, die wir in der langfristigen, ökologischen Perspektive des Klimas und Biodiversitätsschutzes brauchten“, sagt Wagner. Das könnte die Stadt hindern, „unsere ökologischen Aufgaben, klimaneutral zu werden, zu erfüllen“. Dabei seien der Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität vor allem eine generationengerechte Verteilung der Zukunftslasten. „An manchen Stellen erfordert dies einen verantwortungsvollen Verzicht an bestimmten Investitionen zugunsten der kommenden Generation.“

Umweltschutz lässt sich für Peter Ott „am besten durch fortschrittliche Technik verwirklichen, die wirtschaftlich ist“ – nicht durch Verzicht, Verbote oder Planwirtschaft. Als Beispiel nennt der FDP-Chef die LED-Technik, die auch in Korntal-Münchingen zum Einsatz kommt. Wichtig sei auch, dass die Stadt ihre Einrichtungen energetisch saniert. Grundsätzlich bleibe die Nachhaltigkeit „unsere klare Leitlinie“.

FDP: Gewerbeflächen zur Verfügung stellen

Unter anderem plädiert Ott für eine Wirtschaftswende. Nur eine wachsenden Wirtschaft sichere den Wohlstand und bewältige die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen. Das gelte für Bund wie Stadt. „Um die Wirtschaft zu fördern und unsere Steuereinnahmen zu sichern, müssen wir Gewerbeflächen zur Verfügung stellen.“ Nach dem Scheitern des regionalen Gewerbeschwerpunkts (RGS) könne die Stadt das nicht in ausreichendem Maß. „Deshalb fordern wir, dass die Stadt mehr unternimmt, als nur das Gebiet Gänsäcker zu erschließen. Wir müssen unsere ortsansässigen Betriebe hegen und pflegen.“

„Wir müssen aktiv handeln, um die Zukunft zu sichern. Dies gelingt nur durch den offenen Austausch zwischen den Generationen“, ist Renate Haffner, die Vorsitzende der SPD, überzeugt. Ihrer Ansicht nach wäre auch eine nachhaltige wirtschaftliche Belebung durch den RGS eine Chance gewesen, neue Einnahmen zu generieren – „doch diese Möglichkeit konnte nicht realisiert werden“. Nun gelte es, tragfähige Strategien zu entwickeln, die langfristig Stabilität sichern und finanzielle Spielräume bewahren können.

SPD: Bevölkerung soll aktiv mitgestalten

In die Pflicht nimmt Haffner dabei auch die Bevölkerung, „das Herz der Stadt“. Nun sei der Moment, aktiv mitzugestalten. „Zeigen Sie, was echter Gemeinsinn bedeutet – übernehmen Sie Verantwortung, bringen Sie Ihre Ideen ein und kämpfen Sie mit uns für eine Zukunft, in der Solidarität und Gerechtigkeit gelebte Realität sind.“ Gemeinsam, als starke Gemeinschaft, mache man die Stadt zu einem lebenswerten Zuhause für alle.