Die Stadt im Kreis Ludwigsburg und eine Tochtergesellschaft des Unternehmens liegen im Clinch um einen Funkmast. Nun kommt es zum juristischen Showdown.

Die Deutsche Telekom geht in Tamm in die Vollen. Das Gewerbegebiet wurde bereits mit ultraschnellem Internet versorgt. In einem zweiten Schritt will der Konzern nun sein Breitbandnetz für weitere rund 6200  Haushalte aufspannen. „Wir stehen zu Tamm und werden die Kommune fast vollständig mit Glasfaser versorgen“, wird der zuständige Regio-Manager in einer Pressemitteilung zitiert. Man könnte also meinen, es passe kein Blatt Papier zwischen Tamm und die Telekom. Dabei stehen sich Vertreter von Stadt und einem Tochterunternehmen des Telekommunikationsgiganten in einer anderen Sache seit Jahren offenbar unversöhnlich gegenüber, juristische Scharmützel inklusive.

 

Ausschuss senkt den Daumen

Stein des Anstoßes ist eine Funkübertragungsstelle mit Antennenmast und Technikcontainer, die laut Bürgermeister Martin Bernhard im Gewann Hölle, nördlich des so genannten Freizeithügels, geplant ist. Ein Bauantrag sei vor zehn Jahren gestellt worden. Das Gesuch für das Vorhaben in der Nähe der Autobahn sei mehrmals im Technischen Ausschuss der Kommune beraten, das Einvernehmen aber nicht erteilt worden. „Daraufhin hat die Bauherrenschaft den Klageweg beschritten“, stellt Bernhard fest.

Der Fall sei im Jahr 2020 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelt worden – mit einem für die Stadt unerquicklichem Urteil. Die Kommune wurde dazu verpflichtet, die Baugenehmigung zu erteilen. Allerdings blieb ein Hintertürchen offen: Eine Revision sei zugelassen worden, berichtet der Rathauschef. Also habe man gemeinsam mit der Stadt Bietigheim-Bissingen als für Tamm zuständige Untere Baurechtsbehörde die nächst höhere Instanz angerufen. Mit Erfolg: Der Fall werde nun beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim verhandelt, berichtet Bernhard. Der dritte Senat des VGH habe mit Beschluss vom 17. März 2021 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugelassen, bestätigt VGH-Pressesprecher Matthias Hettich. So treffen sich die in dieser Sache über Kreuz liegenden Parteien nun am 8. März um 11 Uhr zum juristischen Showdown in der badischen Metropole.

Kommune bittet um mehr Abstand

Die „Beklagte“, also formal gesehen die Stadt Bietigheim-Bissingen als Untere Baurechtsbehörde, habe die Berufung unter anderem damit begründet, dass dem Vorhaben naturschutzrechtliche Belange sowie die Verunstaltung des Landschaftsbilds entgegenstünden, erklärt Hettich. „Die Lage des Antennenmastes ist unmittelbar an der Freizeitwiese in Tamm projektiert und beeinträchtigt das Freizeitverhalten erheblich“, ergänzt Martin Bernhard. „In unserer Stellungnahme haben wir darum gebeten, etwas mehr Abstand zu halten, damit die Beeinträchtigung nicht so gravierend ausfällt“, erklärt er außerdem.

Die DFMG Deutsche Funkturm GmbH, die die Infrastruktur für das Mobilfunknetz der Telekom baut und betreibt, beteuert indes, keine Alternative zu haben. „Im Rahmen der Frequenzvergaben haben die Mobilfunkanbieter als Lizenzauflage von der Bundesnetzagentur vorgegeben bekommen, die Versorgung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen sicherzustellen“, konstatiert Pressesprecher Benedikt Albers. Entsprechend sei es „sehr wichtig und unabdingbar“, eine Versorgungslücke in Tamm zu schließen. Hier solle ein rund 30 Meter hoher Mast gebaut werden, um ein Mobilfunknetz an der A 81 zwischen der Anschlussstelle Ludwigsburg-Nord und Freiberg am Neckar aufzuspannen. „Zusätzlich sollen Teile der Bundesstraße B 27 mitversorgt werden“, fügt er hinzu. Der Mast könne auch von anderen Anbietern genutzt werden, sodass keine weiteren Funktürme erforderlich seien.

Von Eigentümern hagelt es Absagen

Albers betont, dass die Konstruktion innerhalb eines bestimmten Korridors installiert werden müsse. „So soll möglichst die komplette Versorgungslücke abdeckt werden. Funktechnisch kamen in diesem Suchkreis und angrenzend an diesen sechs Standorte in Frage. Hiervon erhielten wir fünf Absagen von den jeweiligen Grundstückseigentümern“, erläutert der Pressesprecher. Für eine Fläche habe man sich letztlich eine Mietoption sichern können. Der Haken: Das Areal befinde sich nur in Teilen innerhalb des Suchkorridors. „Und aufgrund der baulichen Gegebenheiten und der einzuhaltenden Abstände ist es nicht möglich, in dem Teil des Flurstückes zu bauen, welches sich komplett innerhalb des Suchkreises befindet“, erläutert Albers. Gleichwohl habe man mit der Telekom entschieden, mangels Alternativen an dem Flurstück festzuhalten „und damit in einem Großteil des Suchkreises die Mobilfunkversorgung deutlich zu verbessern“.

Suchverfahren beanstandet

Ob sich die Telekom damit juristisch angreifbar macht, muss sich zeigen. Die Gegenseite führt laut VGH-Sprecher Matthias Hettich nämlich nicht nur naturschutzrechtliche Belange und eine Verunstaltung der Landschaft als Argumente gegen den Funkmast ins Feld, sondern habe unter anderem beanstandet, dass die Suchkreisanalyse mangelhaft und „deshalb die Raum-/Gebietsbezogenheit nicht nachgewiesen“ sei.

Abdeckung im Landkreis

Standorte
Die Telekom betreibt nach eigenen Angaben derzeit im Landkreis Ludwigsburg 162 Mobilfunkstandorte. Die Haushaltsabdeckung liege damit bei 99 Prozent. Bis zum Jahr 2024 sollen 26 weitere Antennen hinzukommen.

Pflicht
Das Unternehmen ist dazu verpflichtet, das Netz auch entlang der Autobahnen auszubauen. So wurden zuletzt bei Steinheim-Höpfigheim und Ditzingen neue Standorte in Betrieb genommen.