Weil die Vorstandsmitglieder Brigitte Müller, Sabine Faulhaber und Winfried Beer nicht mehr zur Verfügung stehen und es keine Nachfolger gibt, wird der Kneipp-Verein zum Jahresende aufgelöst.

Zuffenhausen - Im Flur von Brigitte Müller und Winfried Beer hängen zahlreiche Bilder und Urkunden. Ein Ausflug nach Bad Wörishofen, Wassertreten im Blühenden Barock Ludwigsburg, ein Autogramm mit persönlicher Widmung von der bekannten österreichischen Sopranistin Sabine Winter – die Liste ließe sich beliebig fortführen. Alle Aushänge haben etwas mit dem Kneipp-Verein zu tun. Seit 1997 hat der Stuttgarter Kneipp-Verein seinen Sitz an der Unterländer Straße, wo Beer, der Schatzmeister, und seine Ehefrau Brigitte Müller, die Vorstandsvorsitzende, wohnen. Nach mehr als 120 Jahren wird die Vereinsgeschichte nun aber bald enden: Bei der Jahreshauptversammlung vor wenigen Tagen fanden sich keine Nachfolger für Müller, Beer und die zweite Vorsitzende Sabine Faulhaber. Alle drei haben nicht mehr kandidiert. Deshalb beschloss die Versammlung, den Verein aufzulösen.

 

„Am 31. Dezember fällt der Vorhang“, sagt Winfried Beer, der vor zwei Jahren zum „Kneipp-Botschafter 2014“ gekürt worden war (wir berichteten). Bereits damals, also mitten in der vierjährigen Legislaturperiode, hatten die drei Vorstandsmitglieder angekündigt, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Dennoch fanden sich bis zum heutigen Tag keine Interessenten. Die Kneippianer haben dasselbe Problem wie viele andere Vereine auch: Es fehlt an Nachwuchs. Momentan gibt es 143 Mitglieder, nur 15 davon sind jünger als 60 Jahre. Im Laufe der vergangenen Jahre ging die Mitgliederzahl immer weiter nach unten. 1996, als Brigitte Müller den Vorstandsvorsitz übernahm, waren es noch gut 200 gewesen. Der Höhepunkt mit mehr als 1000 Mitgliedern war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht worden.

Gegründet worden ist der Verein 1894

Gegründet worden ist der Stuttgarter Kneipp-Verein im Dezember 1894. Zwei Jahre zuvor hatte „Wasserdoktor“ Sebastian Kneipp in der Stuttgarter Liederhalle einen viel beachteten Vortrag gehalten. Wie genau die Vereinsentwicklung verlaufen ist, darüber gibt es nur noch wenige Informationen, da viele Unterlagen während der Kriegszeit verloren gegangen sind. Bevor die Stuttgarter Kneippianer 1997 an die Unterländer Straße zogen, diente ein kleines Büro in Bad Cannstatt als Anlaufstelle.

149 Quadratmeter groß ist die Wohnung an der Unterländer Straße. Als Müller und Beer 1997 dort einzogen, wurde alles so umgestaltet, dass ein Teil der Fläche dem Verein zur Verfügung gestellt werden konnte. Da das Ehepaar künftig nicht mehr so viel Platz braucht, ist es auf der Suche nach einer kleineren Wohnung. Zudem muss der Verein ordnungsgemäß aufgelöst werden. Eine Kassenabrechnung wird gemacht, laut Vereinssatzung wird das übrig bleibende Geld der Stadt für die Kinder- und Jugendarbeit zur Verfügung gestellt. Eines, so Beer, sei klar: Das Programm wird wie geplant bis zum Jahresende angeboten.

Wasser, Bewegung, Ernährung, Heilkräuter, Lebensordnung – auf diesen fünf Säulen fußt die Lehre von Sebastian Kneipp. „Diese Elemente sind für mich das größte Präventionspaket im gesamten Gesundheitsbereich. Die Anwendungen haben auch für Leute mit einem schmalen Geldbeutel einen Nutzen. Man muss dafür nicht im Verein sein oder zur Kur fahren, alles ist in heimischer Umgebung machbar“, sagt Brigitte Müller. Vor einiger Zeit hatte der Verein damit begonnen, Erzieherinnen von Kindergärten nach den Kneipp’schen Grundsätzen auszubilden. Mittlerweile sind die Kitas am Stammheimer Nobileweg und am Freiberger Rilkeweg zertifiziert und arbeiten nach der Kneipp-Methode. Ein Wunsch hat sich dabei aber nicht erfüllt: Eigentlich hatten Müller und Beer gehofft, dass Leute aus dem Kita-Umfeld sich im Kneipp-Verein engagieren und man so an Nachwuchs kommt. Dies war nicht der Fall. „Das finde ich enttäuschend“, sagt Beer.

Seit einiger Zeit organisiert Winfried Beer im Namen des Kneipp-Vereins immer wieder Kulturveranstaltungen. Unter anderem trat die bekannte Mezzosopranistin Cornelia Lanz, selbst Vereinsmitglied, bereits einige Male bei verschiedenen Gelegenheiten in Zuffenhausen auf. „Ich möchte diese Veranstaltungen auch künftig am Leben erhalten“, sagt Beer. Auch Freunde der Wassergymnastik müssen nicht fürchten, von heute auf morgen im Trockenen zu stehen. Momentan, so erzählt Beer, suche man nach einer Lösung, die Kurse von Brigitte Müller noch bis Ende 2017 anbieten zu können.