Israel definiert sich nun per Gesetz als „Nationalstaat des jüdischen Volks“. Dieser Schritt des Parlamentes öffnet der Diskriminierung der arabischen Minderheit Tür und Tor, kommentiert unser Politikredakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Natürlich bleibt Israel eine Demokratie. Daran wird auch das neue Gesetz über den „jüdischen Nationalstaat“ nichts ändern, dem die Knesset mit knapper Mehrheit zugestimmt hat. Tatsache aber ist, dass liberale Werte, die zu den Grundpfeilern einer funktionierenden Demokratie gehören, in Zukunft auf sehr bedenkliche Weise beschnitten werden.

 

Präambel zum Grundgesetz

Das neue Gesetz soll als eine Art Präambel dem israelischen Grundgesetz vorangestellt werden, das dadurch den Charakter einer Verfassung bekommt. Die Angst der arabischen Minderheit, in einem „jüdischen Nationalstaat“ praktisch eine staatlich sanktionierte Diskriminierung zu erfahren, ist keine Schimäre, sondern eine sehr reale Bedrohung.

So ist der Absatz, dass Hebräisch und Arabisch nicht mehr gleichberechtigt als Amtssprache nebeneinander stehen, ein Schlag ins Gesicht der arabischen Israeli, die fast ein Fünftel der Bevölkerung ausmachen.

Der Staatspräsident protestiert

Zum Glück abgemildert wurde der umstrittenste Artikel. Er sollte ursprünglich die Errichtung ausschließlich jüdischer Wohnorte ermöglichen. Nach massiven Protesten, auch von Staatspräsident Reuven Rivlin, enthält die neue Version nun nur noch die Formulierung: „Der Staat sieht die Entwicklung jüdischer Gemeinden als nationalen Wert an und wird diese ermutigen und fördern.“ Zuvor hatte es geheißen, Gemeinden könnten Menschen etwa wegen ihrer Religion oder Nationalität ausschließen.

Bürger zweiter Klasse

Aber auch in der abgeschwächten Variante werden diese Sätze von manchen jüdischen Israelis als Erlaubnis zur Diskriminierung der arabischen Minderheit verstanden werden.

Das zentrale Problem des neuen Gesetzes über den „jüdischen Nationalstaat“ liegt auf der Hand: In einer Demokratie sind vor dem Gesetz alle Menschen gleich. Dieser fundamentale liberale Grundsatz droht in Israel verloren zu gehen. Die arabischen Israeli könnten in ihrem Staat zu Bürgern zweiter Klasse zu werden.