Grüne und SPD weisen die Lehrerkritik zurück und starten die Energiewende. Am Donnerstag wollen sie sich zu Stuttgart 21 verständigen.

Stuttgart - Baden-Württemberg soll das Musterland für die erneuerbaren Energien und für Energieeffizienz werden. Das kündigte Winfried Kretschmann nach der jüngsten Sitzung der Verhandlungskommission an, die den Koalitionsvertrag zwischen Grünen und SPD aushandelt. Die Kraftwerke Neckarwestheim I und Phillipsburg I sollen dauerhaft vom Netz gehen. Das Land will sich auf Bundesebene für entsprechende Gesetze einsetzen. Jedoch tagen die Ministerpräsidenten im baden-württembergischen „Interregnum“ wie Kretschmann sagte. Gegebenenfalls müsse da nachgearbeitet werden. Sollte es keinen Konsens im Bund geben, wolle die künftige Landesregierung ihre Beteiligung beim Energiekonzern EnBW nutzen und den Ausstieg selbst organisieren. Er kündigte eine „strenge, klare Atomaufsicht“ an, die ausschließlich an der Sicherheit orientiert sein solle.

 

Zum neuen Kurs in der Atomenergie gehöre auch, „ergebnisoffen und bundesweit“ ein geeignetes atomares Endlager zu suchen. Kretschmann erwartet den kompletten Ausstieg aus der Atomkraft vor dem Jahr 2020. Zur Energiewende, die die grün-rote Landesregierung einläuten will, gehört auch „Blockaden bei der Windkraft zu beseitigen“. Der künftige Regierungschef gab als Ziel aus, den Anteil der Windkraft von derzeit 0,7 Prozent bis zum Jahr 2020 auf zehn Prozent zu erhöhen. Die künftige Regierung will die energetische Sanierung der Landesgebäude vorantreiben und so Energie einsparen. Für Betriebe stellte Kretschmann Anreizprogramme zur Energieeffizienz in Aussicht. Das unter der bisherigen Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) beschlossene Wärmegesetz soll auf landeseigene Gebäude ausgeweitet werden.

Kretschmann will in die Bildung investieren

Diese Pläne entsprechen ganz der bisherigen Linie von SPD und Grünen. Für Aufruhr hatte dagegen Anfang der Woche die Ankündigung gesorgt, die neue Koalition wolle Lehrerstellen streichen. Die Kritik der Verbände fand Kretschmann „etwas überzogen“, wie er am Mittwoch sagte. Die Pläne seien „wohl falsch rübergekommen“. Er erläuterte noch einmal, dass bis zum Ende der Legislaturperiode im Schuljahr 2015/16 die Zahl der Schüler um elf Prozent auf etwas über eine Million sinke. Das entspreche rund 10.000 Lehrerstellen. Bis zum Jahr 2020 würden weitere 6000 Stellen rechnerisch frei. „Die Botschaft ist klar: Was wir zur Qualitätsverbesserung brauchen, wird aus dieser demographischen Rendite finanziert“, beteuerte Kretschmann. Es werde eine „enorme Verbesserung der Lehrer-/Schülerrelationen geben“. Insgesamt werde die grün-rote Koalition gewaltig zusätzlich in Bildung investieren. Es würden „alle notwendigen Bedarfe“ erfüllt. Doch dürfe man auch das Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht aus den Augen verlieren.

Nur die Stellen, die nach der Qualitätsverbesserung übrig bleiben, sollen zur Konsolidierung verwendet werden. Nils Schmid, der Finanzexperte und Verhandlungsführer der SPD, wies Vorwürfe von Boris Palmer, dem grünen Oberbürgermeister von Tübingen zurück, die SPD sei spendierfreudig. „Das Problem von Boris Palmer ist, dass er nicht in der Verhandlungskommission und nicht in der Arbeitsgruppe Finanzen ist.

Die Verständigung zu Stuttgart 21 steht noch aus

Am Donnerstag geht es um Stuttgart 21

Er ist einfach falsch informiert“, konterte Schmid. Er selbst informierte die Öffentlichkeit über die Pläne der Koalitionäre, die Finanzen der Kommunen zu stärken. Dafür soll allerdings vor allem der Bund in die Tasche greifen. Das Land setzt sich für den Erhalt und den Ausbau der Gewerbesteuer ein.

Grün-rot will, dass auch Freiberufler, wie Anwälte oder Architekten gewerbesteuerpflichtig werden. Bei einer Reform der Grundsteuer sollen die aktuellen Verkehrswerte berücksichtigt werden. Schmid verlangt auch, dass der Bund die Kommunen von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben wie Sozialausgaben entlastet. „Das muss national gelöst werden. Der Bund muss sich stärker beteiligen“, sagte Schmid. Die Arbeitsgruppe Soziales hat sich am Mittwoch auf die Neuorganisation der Pflege alter Menschen verständigt. Sie plädiert für mehr dezentrale Wohngruppen und den Ausbau ambulanter Dienste. Für Donnerstag wird eine Verständigung der Arbeitsgruppe zu Stuttgart 21 erwartet.