Im vergangenen Jahr hatten die Grünen gemeinsam mit der SPD im Parlament beantragt, das Quorum bei Volksentscheiden abzuschaffen. Die Regierungskoalition von CDU und FDP lehnte dies ab, erklärte sich aber bereit, das Quorum von einem Drittel auf 25 Prozent abzusenken. Dazu aber kam es nicht, weil SPD und Grüne den Vorschlag ablehnten. Auf weitere Verhandlungen wollten sich CDU und FDP nicht einlassen. Überlegungen, lediglich eine Volksbefragung zu Stuttgart 21 zu vereinbaren, an deren Ergebnis sich die künftige Landesregierung zu halten verspreche, lehnt SPD-Verhandlungsführer Schmid als verfassungsrechtlich problematisch ab.

 

Innerhalb der SPD pocht vor allem die Landtagsfraktion auf eine Volksabstimmung und das Eintreten für Stuttgart 21. In der Partei ist das Thema nach wie vor umstritten. Nach Zahlen des Umfrageinstituts Forsa sind in Stuttgart 52 Prozent der SPD-Anhänger für einen Umbau des Hauptbahnhofs, 41 Prozent sprechen sich dagegen aus. Bezogen auf das ganze Land verhält es sich umgekehrt. 36 Prozent der SPD-Anhänger plädieren für den Umbau, 50 Prozent sind dagegen. Auch die Sozialdemokraten stecken in einer Zwickmühle. Die SPD versteht sich traditionell als Infrastrukturpartei. Von Fraktionschef Claus Schmiedel ist der Satz überliefert: "Wo der Bagger steht, geht's uns gut." Weil er Arbeitsplätze bringt.

Im Fall des Baus bleibt Kretschmann nur eine Kehre

Zugleich pflegt die SPD-Basis ein Selbstverständnis, dass Sozialdemokraten dort nicht fehlen dürfen, wo Bürger in kritischer Absicht auf die Straße gehen. Die Grünen aber knabbern noch an einem weiteren Problem: Sie hatten ein verfassungsrechtliches Gutachten eingeholt, laut dem das Land sich nicht an der Finanzierung der Neubaustrecke nach Ulm beteiligen darf. Die Grünen machten sich diese Auffassung zu eigen. Als Ministerpräsident müsste Kretschmann im Fall eines Baus also eine Kehre vollziehen. "Es gibt widerstreitende verfassungsrechtliche Auffassungen", sagte er am Donnerstag nur.