Noch steht die Entscheidung der CDU-Gremien aus, aber der Landesvorsitzende Thomas Strobl hält Verhandlungen mit den Grünen über eine Koalition für möglich. Voraussichtlich werden die Gespräche am Freitag beginnen.

Stuttgart - Und zum Dritten! Nach dem dritten Treffen der Unterhändler von Grünen und CDU stehen die Zeichen auf Kurs grün-schwarz. Thomas Strobl, der Landeschef der CDU, sagte nach dem Sondierungsgespräch am Dienstag, „die Gespräche haben in einem Geist stattgefunden, dass am Ende eine grün-schwarze Koalition stehen könnte.“ Die Wortwahl ist diplomatisch, taktisch, vorsichtig. Mehr als 60 000 CDU-Mitglieder wollen davon überzeugt werden, dass neue Freundschaftsbande geknüpft werden sollen.

 

Ehe vermutlich am Freitag die tatsächlichen Koalitionsverhandlungen beginnen, treffen sich an diesem Mittwoch die diversen Gremien der CDU. Für die Grünen hat Parteichefin Thekla Walker bereits erklärt, „aus unserer Sicht steht Koalitionsverhandlungen nichts im Weg.“ Bei der Union hat zunächst der Fraktionschef Guido Wolf die Landtagsfraktion für Mittwoch morgen zusammengerufen.

Er will nicht vorgreifen, aber er erwartet, dass die „42 selbstbewussten Köpfe genau abwägen.“ Aber Wolf schätzt seine Truppe als verantwortungsbewusst ein, und das hieße, sich um eine tragfähige Landesregierung zu bemühen. Auf den Abend hat Thomas Strobl den CDU-Landesvorstand nebst sämtlichen Kreisvorsitzenden eingeladen. Danach wird förmlich verkündet, ob die CDU die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aufnimmt.

Arbeitsverhältnis statt Liebesheirat

Die Ausgangsposition ist deutlich weniger euphorisch als vor fünf Jahren, als Grüne und SPD freudetrunken eine „Liebesheirat“ besiegelten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach von einem ernsthaften und offenen Austausch in verbindlicher Atmosphäre. Eine Koalition, denkt er, sei machbar „wenn beide Seiten kompromissbereit sind.“ Strobl geht gänzlich unromantisch an die Sache heran. „Ein von Vertrauen geprägtes Arbeitsverhältnis kann das Land mehr voranbringen, als eine Liebesheirat, die sich vielleicht in Krisen als nicht hinreichend stabil erweist“, meint der CDU-Vorsitzende. Jede Partei ist um ihren Markenkern bemüht. Und für Strobl ist wichtig: „Grün-Schwarz ist nicht Grün-Rot.“ Es gehe nicht um die Fortsetzung der bisherigen Regierungspolitik, sondern darum, eigene Akzente zu setzen.

Auch die Vertrauensbasis gilt es nach Einschätzung von Guido Wolf zunächst einmal zu schaffen. Auf Knopfdruck sei das nicht möglich, „wir haben in den vergangenen fünf Jahren zum Teil heftig gestritten.“ Am Dienstag verständigte man sich bereits auf mögliche Oberziele. Man sprach über Klima- und Naturschutz, auch über Bürgerbeteiligung. Als gemeinsames Ziel nannte Kretschmann etwa den Plan, die Digitalisierung mit der ökologischen Modernisierung zu verbinden. Die Bürgerbeteiligung gilt es weiter zu entwickeln, sie darf aus Sicht der CDU aber nicht in Konkurrenz zur direkten Demokratie treten. Die Grünen sehen Reformbedarf beim Landtagswahlrecht.

Markenkerne im Mittelpunkt

Bei den Markenkernen wird es schwieriger. Die CDU nennt hier die innere Sicherheit. Angesichte der aktuellen Terrorlage müsse die Polizei besser ausgerüstet werden und mehr Personal bekommen, sagte Thomas Strobl. Die Grünen sehen Verhandlungsbedarf beim Thema Windkraft.

Guido Wolf nannte die Bildungspolitik den Markenkern der Union. Konfliktstoff bietet sich hier im Übermaß. Wahlfreiheit zwischen acht– und neunjährigem Gymnasium, die die CDU versprochen hat und die die Grünen für überflüssig halten, der Streit über die Gemeinschaftsschule oder die Endlosdebatte um den Bildungsplan. Guido Wolf formulierte ein anspruchsvolles Ziel: „Wir müssen einen Bildungskonsens erreichen“, sagte der Fraktionschef der CDU. „Das erwartet die Bevölkerung von uns im starkem Maße“.

Die Ziele sind schnell formuliert. Um die richtigen Wege müsse gerungen werden, betonten beide Seiten. Das bleibt den Arbeitsgruppen überlassen, die zu den jeweiligen Themen gebildet werden, wenn die Koalitionsverhandlungen in Gang kommen. Das Ziel bleibt, dass am 12. Mai der Landtag den Ministerpräsidenten wählen kann. Bis dahin wird es zahllose Verhandlungstage geben. Noch steht nicht einmal der Ort der Verhandlungen fest.