Die Halbtagsstelle als Karrierefalle: Einerseits ermöglicht sie einen schrittweisen Wiedereinstieg, andererseits sind die Perspektiven beschränkt. Union und SPD wollen das ändern und vor allem Frauen im Erwerbsleben stärken.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Für viele Mütter sind Teilzeitjobs Chance und Fluch zugleich: Sie eröffnen ihnen die Möglichkeit, nach einer Familienpause Schritt für Schritt wieder ins Berufsleben zurückzukehren. Doch Teilzeitkräfte haben schlechte Karriereperspektiven. Somit wird die Halbtagsstelle schnell zur Falle. Das wollen Union und SPD jetzt ändern. Sie haben sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in die Vollzeitbeschäftigung gesetzlich festzuschreiben.

 

Keine fixe Regelung, sondern konkrete Vereinbarungen vor Ort

Diesen Plan gab es schon in der vergangenen Regierungsperiode. Er war umstritten wegen der damit verbundenen Auflagen für Unternehmen und scheiterte am Widerstand der FDP. Die künftigen Koalitionäre wollen den Arbeitgebern entgegenkommen, indem sie Fristen für Teilzeitjobs vorsehen. Bei Aufnahme eines solchen Arbeitsverhältnisses müsste dann von Anfang an vereinbart werden, nach welcher Zeit der Arbeitnehmer wieder auf eine Vollzeitstelle wechseln kann. Bis jetzt ist ein solcher Wechsel allein der Entscheidung des Unternehmens unterstellt. Arbeitgeber hatten die Wechselwünsche von Teilzeitkräften allerdings bevorzugt zu berücksichtigen, sofern betriebliche Gründe diesen Ansprüchen nicht entgegenstehen. „Teilzeit darf nicht länger in die berufliche Sackgasse führen“, sagt die SPD-Vize Manuela Schwesig. Der CDU-Familienpolitiker Markus Grübel aus Esslingen, der mit Schwesig den Kompromiss ausverhandelt hat, betont hingegen: „Wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern, das muss aber auch für die Wirtschaft tragbar sein.“ Deshalb strebe man kein pauschales Rückkehrrecht aus der Teilzeit in die Vollzeit an, sondern konkrete Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten zu Beginn eines Teilzeitjobs.

Berufstätige Eltern dürfen mit weiterem Entgegenkommen rechnen. Denn Union und SPD haben sich auch darauf verständigt, die Elternzeit weiter zu flexibilisieren. So soll es künftig möglich sein, berufsbedingte Auszeiten auch dann zu nehmen, wenn die Kinder schon älter sind. Bislang gibt es 36 Monate Elternzeit. Zwei Drittel davon müssen in den ersten drei Lebensjahren der Kinder beansprucht werden. Weitere zwölf Monate können die Eltern freinehmen, bis die Kinder acht sind. In Zukunft sollen zwei Drittel der Elternzeit flexibel zu verplanen sein: zwischen dem dritten und dem 14. Lebensjahr. „Familien brauchen mehr Flexibilität“, sagt die SPD-Politikerin Schwesig dazu.

Staatszuschuss für Kita-Ausbau soll nicht verfallen

Die Familienpolitiker der drei Volksparteien haben auch in einem dritten Punkt bereits einen Kompromiss ausverhandelt. Dabei geht es um den Ausbau des Betreuungsangebots für Kleinkinder. Das ist eigentlich Sache der Länder und Kommunen. Der Bund hatte sich allerdings 2007 verpflichtet, das Vorhaben mit vier Milliarden Euro zu unterstützen. Seit dem 1. August gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Platz in der Kita. Die Fördermittel des Bundes sind zum Großteil bereits verbaut oder zumindest verplant. Sofern sie noch nicht in Anspruch genommen wurden, würden sie Ende dieses Jahres verfallen. Nach Auskunft aus der Verhandlungsgruppe geht es um insgesamt 750 Millionen Euro. Auf Drängen einer Reihe von sozialdemokratisch regierten Ländern soll nun die Frist für die Inanspruchnahme dieser Mittel verlängert werden. Dabei geht es um Projekte, die vor Ort bereits bewilligt oder sogar schon im Bau, aber noch nicht abgeschlossen sind. Parallel zu den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene gibt es dazu unter Regie von Nordrhein-Westfalen auch eine Initiative im Bundesrat. Die Länderkammer berät am Freitag einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Er sieht vor, dass die Hälfte der verbliebenen Bundesmittel bis Jahresende investiert sein müssen. Für 25 Prozent gilt eine Frist bis Ende 2015. Der Rest an subventionierten Projekten muss bis Mitte 2016 fertig sein.