Das zeigt sie seit 2002 im Sgroi, das seit 2004 vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet wird. Inzwischen ist der Vormittag in Hamburg ziemlich fortgeschritten, und die Köchin passt in ihrer Küche wie in ein maßgeschneidertes Kleid. Sie hat sich umgezogen und trägt einen Kochanzug aus ganz leichtem Leinen. Die dunklen Locken sind gebändigt, viel gesprochen wird hier nicht. Auf den Arbeitsflächen aus Edelstahl haben die Helfer das Mis en place gemacht, es reichen – manchmal ganz schön strenge – Blicke und Gesten der Chefin. Anna Sgroi weiß, dass sie den Ruf hat, nicht immer ganz einfach zu sein. Darüber lächelt sie ein wenig. Wie soll man anders sein, wenn die eigenen Ansprüche hoch sind? Anna Sgroi macht nichts, was nicht zu ihr passen würde. Sie interessiert sich nicht für dekoratives Tellerballett und molekulare Verfremdungen. Es gehört nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, im Restaurant mit den Gästen zu charmieren.

 

Sie will überzeugen, nicht verführen

Sie interessiert sich viel mehr dafür, wie Bries, Fuß und Kopf vom Kalb miteinander in Harmonie zu bringen sind. Es gehört zu dieser lebenslänglichen Liebe, sie kann nicht damit aufhören, sich dafür zu interessieren. Anna Sgroi ist das Gegenteil einer Verführerin, sie will einfach, dass ihre Küche überzeugt. „Wenn ich etwas machen möchte, dann setze ich mich so lange unter Druck, bis ich eine Lösung habe“, sagt Anna Sgroi. Ihre Gerichte, ihre Menüfolgen werden nicht im Mund erfunden, sondern im Kopf. „Ich kombiniere Geschmacksrichtungen, so lange, bis die Verbindung glücklich ist.“ Glücklich, das ist zum Beispiel die Verbindung, die der reispapierfeine Teig der Ravioli an diesem Tag mit der Kürbisfüllung eingeht.

Es sind solche einfachen Dinge, an denen man Anna Sgrois Kunst erkennen kann, unbeirrbar zu bleiben.