Willem und Maxima besuchen Deutschland. Das verströmt Glamour – bringt aber vor allem der niederländischen Wirtschaft Aufträge. Die Holländer finden das völlig normal.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Den Haag - An ihren neuen König müssen sich viele Niederländer erst noch gewöhnen. In den meisten Ämtern und Ministerien hängt noch immer das Porträt der ehemaligen Königin Beatrix an den Wänden. Mehr als drei Jahrzehnte ist Beatrix das Staatsoberhaupt gewesen, und Willem-Alexander sei schließlich erst einige Wochen in Amt und Würden, heißt es entschuldigend.

 

Auch die Organisatoren der Reise der niederländischen Wirtschaftsdelegation durch Hessen und Baden-Württemberg wurden von der Beförderung überrascht, das Protokoll wurde geändert. Die erste Station des Königspaares heißt heute nun Berlin, schließlich ist es der Antrittsbesuch des Monarchen in Deutschland. Am weiteren Ablauf des Besuchs wird sich morgen nicht viel ändern. Der König nebst Gattin Máxima wollen als „Kartrekker“ fungieren, als „Türöffner“. Das Paar soll der eigenen Wirtschaft helfen, auf fremdem Terrain Kontakte zu knüpfen. „Wir erwarten uns sehr viel von der Reise“, sagt Frans Lipman. Er ist Manager bei Benteler Engenieering Services, mit Sitz im niederländischen Helmond. Die Firma hat zuletzt einige Preise mit dem Bau des Prototypen eines elektrisch betriebenen Müllautos im Auftrag von MAN eingeheimst. Für eine Firma wie Benteler, die als Dienstleister im Fahrzeugbereich ihr Geld verdient, ist die Reise ins Autoland Baden-Württemberg ein Muss. „Ich gehe davon aus, dass wir potenzielle Geschäftspartner treffen, an die wir im Normalfall nicht herankommen würden“, sagt Lipman.

Hollands Wirtschaft erwartet Taten vom Königspaar

Die Wirtschaftsreise mit rund 100 niederländischen Unternehmen ist eben nicht der Normalfall – schließlich sind ein König und eine Königin dabei. Für den deutschen Geschmack mag die sehr enge Verbindung des Königshauses mit der Wirtschaft befremdlich wirken – in den Niederlanden wird diese Zusammenarbeit erwartet. „Sie sollen etwas tun für das viele Geld, das sie bekommen“, ist ein Satz, der in Gesprächen mit niederländischen Unternehmern immer wieder fällt.

Was genau die Aufgabe von König Willem-Alexander und seiner Frau ist, dazu drückt sich die niederländische Botschaft in Berlin schwammig-diplomatisch aus: Das Königspaar wolle mit dem Besuch „einen Monat nach dem Thronwechsel deutlich machen, dass es ihm ernst ist mit der Unterstützung der niederländischen Wirtschaftsinteressen und dass Deutschland eine Schlüsselrolle spielt“.

Deutlicher werden die mitreisenden Kaufleute. „Das Königspaar verleiht der Veranstaltung Glamour, lockt die Leute an und bringt sie so zusammen. Den Rest müssen die Unternehmer leisten“, sagt Frank Jansen, Managing Director beim nationalen Handelsverband für die niederländischen Luft- und Raumfahrtindustrie. „Der persönliche Kontakt ist durch nichts zu ersetzen“, erklärt Jansen. „Es braucht viel Zeit, sehr viele Gespräche, um herauszufinden, ob zwei Unternehmen wirklich zueinanderpassen.“ Vieles ist also eine Frage des zwischenmenschlichen Verständnisses.

Baden-Württemberg rückt ins Blickfeld

Und weil Menschen aus dem hohen Norden vielleicht nicht sofort mit den Menschen aus dem Süden Deutschlands harmonieren, gibt der niederländische Generalkonsul aus München den Unternehmern in der Delegation einige grundsätzliche Ratschläge mit auf den Weg. „Mir fällt immer wieder auf“, erklärt Rob Zaagman, „dass die Süddeutschen vorsichtiger sind. Vorsichtiger als wir Niederländer, vielleicht auch vorsichtiger als die Menschen in Norddeutschland.“ Außerdem: „Sie wollen schon beim ersten Kontakt harte Fakten.“ Genau diese harten Fakten sind es, die die Unternehmen aus den Niederlanden nach Baden-Württemberg locken. Deutschland ist der mit weitem Abstand wichtigste Handelspartner der Niederlande. Mit einem Rekordvolumen von fast 160 Milliarden Euro übersteigen die Wirtschaftsbeziehungen der beiden Nachbarn fast alle anderen internationalen Handelsbeziehungen. Etwa ein Viertel aller niederländischen Exporte geht nach Deutschland. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich in den Augen der Niederländer aber ein Problem: von den Ausfuhren gehen über die Hälfte in die nahen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – und nur 25 Prozent in den Süden Deutschlands.

Ein Problem ist das deshalb, weil der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands in den vergangenen Jahren vor allem durch die enorme Stärke der südlichen Regionen generiert wurde. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen erwirtschaften zusammen mehr als 40 Prozent des deutschen Bruttoinlandsaufkommens, so eine Berechnung der niederländischen Botschaft in Berlin. Von dieser Wirtschaftskraft wollen in Zukunft die niederländischen Unternehmen profitieren – auch mit Hilfe der Charmeoffensive von König Willem-Alexander und seiner Gattin Máxima.