Kollektiv aus Denkendorf Der Stammtisch ist zur Familie geworden – und will Gutes tun
Das Kollektiv „Stammtisch Events“ aus Denkendorf und Wendlingen feiert nicht nur gerne, sondern organisiert auch Veranstaltungen für den guten Zweck.
Das Kollektiv „Stammtisch Events“ aus Denkendorf und Wendlingen feiert nicht nur gerne, sondern organisiert auch Veranstaltungen für den guten Zweck.
Der Stammtisch ist ihnen zur Familie geworden. Seit Jahren trifft sich eine Gruppe junger Männer jeden Mittwoch in einer ihrer Stammkneipen in Denkendorf, Wendlingen, Wernau oder auch auf dem Hof eines Mitglieds. Doch sie wollten mehr: Seit einiger Zeit organisiert die Gruppe, die inzwischen unter dem Namen „Stammtisch Events“ ein Kollektiv gegründet hat, Musikveranstaltungen, auf denen Tech House Music aufgelegt wird. Jetzt hat „Stammtisch Events“ seine erste Benefizveranstaltung in der Wendlinger „Kiste“ auf die Beine gestellt und dabei rund 2500 Euro für das stationäre Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart gesammelt.
Die Idee zum Stammtisch hatte Maximilian Wappler, der in Wendlingen aufwuchs und inzwischen in Neuhausen lebt. „Wenn man nicht früh anfängt, sich zu binden, geht man leichter auseinander“, ist der 26-Jährige Verkaufsleiter überzeugt. Und so trommelte er eine Gruppe von Freunden zusammen, die sich seither regelmäßig trifft. 17 Männer im Alter zwischen 24 und 27 Jahren sind es inzwischen. Der 24-Jährige Silas Bihacker aus Denkendorf kannte etliche aus der Gruppe anfangs nicht. „Inzwischen sind sie zu engen Freunden geworden“, erzählt der Industriemechaniker.
Als altersmäßiger „Ausreißer“ gehört aber auch der 84-Jährige Horst zum Stammtisch. Der Alleinstehende ist für einige der Jungs eine Art Zieh-Großvater, aber auf jeden Fall eine wichtige Bezugsperson. Bei ihm durften einige früher nach der Schule zum Essen kommen, sagt Wappler. „Er ist ganz selbstverständlich mit dabei, ist Kumpel, aber auch Ratgeber.“ Und auch beim Beer Pong lasse er sich nicht lumpen, versichert der Stammtisch-Gründer. Das Kollektiv ist eng zusammengewachsen: „Wenn man sich einige Wochen nicht sieht, hat man Heimweh“, beschreibt es Maximilian Wappler.
Gemeinsames Erkennungszeichen des Stammtischs ist das selbst designte Tattoo, das alle Mitglieder tragen. Auch Horst habe sich mit 83 sein erstes Tattoo stechen lassen, erzählt Silas Bihacker.
Die Stammtisch-Mitglieder gehen zusammen essen, treffen sich aber auch zu anderen Aktivitäten wie Sport, Freibadbesuchen oder zum Stocherkahn-Fahren und zuweilen auch zu Kurztrips etwa an den Bodensee. Organisator des Programms ist Maximilian Wappler, der dafür auch die Wünsche der Stammtisch-Mitglieder erfragt. Einmal im Jahr geht es zudem gemeinsam in den Urlaub, in diesem Jahr waren sie in Italien – immer als reine Männer-Truppe, obwohl etliche in Partnerschaften leben. Die Frauen störe es nicht. „Das ist unser Safe Space, da können wir abschalten und den Alltagsstress hinter uns lassen“, lacht Wappler.
Immer wieder wurden private Feiern unter anderem mit Tech House Music organisiert. Warum das, was sie als Gruppe schätzen, nicht mit anderen teilen, fragten sich die Stammtisch-Mitglieder. Das Kollektiv „Stammtisch Events“ wurde ins Leben gerufen. Seitdem hat die Gruppe immer wieder musikalische Events veranstaltet, darunter auch in einem ihrer Stammlokale, der „Kiste“. DJs, Miete und Deko wurden bisher auf Spendenbasis oder aus eigener Kasse bezahlt. Jetzt wollen vier aus dem Team eine Unternehmergesellschaft gründen, um die Möglichkeit zu haben, Eintritt zu verlangen. Denn sobald die DJs nicht aus dem internen Kreis kommen, kosten sie Geld. Im November sei im Stuttgarter „Proton the Club“ ein Tech-House-Event mit international agierenden DJs geplant, die ein entsprechendes Honorar verlangten, erzählt Bihacker. „Es geht nicht darum, groß Geld zu verdienen“, betont er. Alle Unternehmungen seien so gestaltet, dass jeder aus der Gruppe, zu der auch zwei Studenten gehören, dabei sein könne.
Stammtisch Events sei es zudem wichtig, an andere zu denken, betont Bihacker. „Wir wollen nicht nur feiern, sondern auch Gutes tun.“ Und so haben sie jüngst in Kooperation mit dem Verein Hand in Hand e.V. ihre erste Benefizveranstaltung organisiert. Zur Tombola mit 250 Preisen steuerte das Kollektiv aus eigener Tasche 300 Euro bei. Insgesamt kamen bei der Fete in der „Kiste“ 2500 Euro zusammen, die dem Kinderhospiz in Stuttgart zu Gute kommen.
Was sie antreibe sei der soziale Gedanke – nicht nur in Form der eigenen Gruppenaktivitäten, sondern auch in ihrer Wohltätigkeitsarbeit, betont Wappler. „Wir sind so privilegiert, haben ein sicheres und gutes Leben, andere nicht.“ Silas Bihacker motiviert auch das Engagement seiner Mutter, die sich vielfältig ehrenamtlich engagiert, unter anderem im Hospiz Esslingen. „Uns stehen alle Türen offen, anderen geht es nicht so. Da möchten wir etwas zurückgeben.“ Auch im nächsten Jahr soll es wieder eine Benefizveranstaltung für das Kinderhospiz geben. Insgesamt plant „Stammtisch Events“ acht Musik-Events: Viermal im „Proton the Club“ und vier weitere an anderen Orten.
Kinderhospiz
Das stationäre Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart wurde 2017 eröffnet. Dort werden schwerstkranke und sterbende Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum vollendeten 27. Lebensjahr aufgenommen – mit und ohne Begleitpersonen. Träger ist der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart.
Hand in Hand
Die Initiative zur Förderung des Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart formierte sich 2012 als Initiative junger Menschen, die sich zusammenschlossen, um den Aufbau und den Betrieb des ersten stationären Kinder- und Jugendhospizes in Baden-Württemberg zu unterstützen. 2013 wurde ein gemeinnütziger Verein gegründet. Er ist seither offizieller Förderverein des Hospiz Stuttgart.