Politisch ist das so gewollt. Die Regierung in Bogotá sieht im Minensektor den Königsweg zu Entwicklung und Fortschritt, gerade in entlegenen Gebieten wie im Norden, wo rund 66 der 75 Millionen Tonnen kolumbianischer Kohle gefördert werden. Manche Länder "prostituieren sich in ihren ökologischen und sozialen Auflagen", um Investoren anzuziehen, klagt Ex-Umweltminister Manuel Rodrâguez - und Kolumbien gehöre nun offenbar dazu. Entsprechend groß ist der Spielraum der Unternehmen. "Die dürfen praktisch alles", murrt Rafael Figueroa, Aktivist einer Schweizer Solidaritätsgruppe. "Hier in der Gegend steuert die Firma alles", sagt Yoe Arregocés, der mit Cerrejón die Umsiedlung seines Dorfes aushandelt, "sogar den Staat". Dass niemand weiß, wie schädlich der Kohlenstaub ist, ist nur ein Indiz für die rüde Unbesorgtheit, mit der sich der so genannte Fortschritt Bahn bricht.

 

Die Kohlegegend war immer wieder Schauplatz erbitterter Lohnkämpfe - inklusive der Ermordung von Gewerkschaftern, eine Kriminalitäts-Sparte, in der Kolumbien sowieso Spitze ist. Die Art und Weise, wie Menschen umgesiedelt werden, die den Kohlebaggern weichen soll, kann man oft nur als brutale Vertreibung bezeichnen. Und dass all die Milliardeninvestitionen der Unternehmen zu Entwicklung und Wohlstand der Bevölkerung führen, ist wenig mehr als ein frommer Wunsch. "Cerrejón hat die größte Tagebaukohlemine der Welt", sagt Leonardo González von Indepaz, einer Organisation, die die Bewohner der Ortschaft Roche berät, die Cerrejón umsiedeln will, "aber gleich daneben sieht man beeindruckende Armut und ein völlig zerstörtes Sozialgewebe".

Das viele Geld zieht die Gewalt an

Die Bergbauabgaben, die die Firmen zahlen müssen, verbinden sich mit grotesken Fällen von Verschwendung und Korruption. Und schlimmer noch, das viele Geld zieht die Gewalt an. Die Guerrilla versucht die Unternehmen zu erpressen, das Heer baut seine Kasernen neben die Firmen, die Paramilitärs vertreiben die Menschen von ihrer Scholle, unter der die Flöze liegen. Korrupte Beamte stellen falsche Besitzurkunden aus, die Paras können das Land an die Firmen verkaufen, die ihre Hände in Unschuld waschen. So ging das jahrelang. Jetzt sind die Paras in Kolumbien zurückgedrängt, die Regierung verspricht, den Vertriebenen das abgepresste Land - nach Schätzungen zwischen zwei und zehn Millionen Hektar - wiederzugeben.

Tabaco, Cerrejóns wichtigste Grube, war vor zehn Jahren Schauplatz einer gewalttätigen Räumung. Ihre Politik habe sich geändert, heute könnte das nicht mehr vorkommen, beteuert die Firma, die freilich immer noch davon profitiert. Dass Cerrejón heute vergleichsweise offen und nachgiebig auftritt, ist unbestritten. Dennoch hingen die Menschen, die Cerrejón umsiedeln will, "meist davon ab, was ihnen die Firma gibt", sagt Gonález von Indepaz.

Spielraum der Unternehmen ist groß

Politisch ist das so gewollt. Die Regierung in Bogotá sieht im Minensektor den Königsweg zu Entwicklung und Fortschritt, gerade in entlegenen Gebieten wie im Norden, wo rund 66 der 75 Millionen Tonnen kolumbianischer Kohle gefördert werden. Manche Länder "prostituieren sich in ihren ökologischen und sozialen Auflagen", um Investoren anzuziehen, klagt Ex-Umweltminister Manuel Rodrâguez - und Kolumbien gehöre nun offenbar dazu. Entsprechend groß ist der Spielraum der Unternehmen. "Die dürfen praktisch alles", murrt Rafael Figueroa, Aktivist einer Schweizer Solidaritätsgruppe. "Hier in der Gegend steuert die Firma alles", sagt Yoe Arregocés, der mit Cerrejón die Umsiedlung seines Dorfes aushandelt, "sogar den Staat". Dass niemand weiß, wie schädlich der Kohlenstaub ist, ist nur ein Indiz für die rüde Unbesorgtheit, mit der sich der so genannte Fortschritt Bahn bricht.

Die Kohlegegend war immer wieder Schauplatz erbitterter Lohnkämpfe - inklusive der Ermordung von Gewerkschaftern, eine Kriminalitäts-Sparte, in der Kolumbien sowieso Spitze ist. Die Art und Weise, wie Menschen umgesiedelt werden, die den Kohlebaggern weichen soll, kann man oft nur als brutale Vertreibung bezeichnen. Und dass all die Milliardeninvestitionen der Unternehmen zu Entwicklung und Wohlstand der Bevölkerung führen, ist wenig mehr als ein frommer Wunsch. "Cerrejón hat die größte Tagebaukohlemine der Welt", sagt Leonardo González von Indepaz, einer Organisation, die die Bewohner der Ortschaft Roche berät, die Cerrejón umsiedeln will, "aber gleich daneben sieht man beeindruckende Armut und ein völlig zerstörtes Sozialgewebe".

Das viele Geld zieht die Gewalt an

Die Bergbauabgaben, die die Firmen zahlen müssen, verbinden sich mit grotesken Fällen von Verschwendung und Korruption. Und schlimmer noch, das viele Geld zieht die Gewalt an. Die Guerrilla versucht die Unternehmen zu erpressen, das Heer baut seine Kasernen neben die Firmen, die Paramilitärs vertreiben die Menschen von ihrer Scholle, unter der die Flöze liegen. Korrupte Beamte stellen falsche Besitzurkunden aus, die Paras können das Land an die Firmen verkaufen, die ihre Hände in Unschuld waschen. So ging das jahrelang. Jetzt sind die Paras in Kolumbien zurückgedrängt, die Regierung verspricht, den Vertriebenen das abgepresste Land - nach Schätzungen zwischen zwei und zehn Millionen Hektar - wiederzugeben.

Tabaco, Cerrejóns wichtigste Grube, war vor zehn Jahren Schauplatz einer gewalttätigen Räumung. Ihre Politik habe sich geändert, heute könnte das nicht mehr vorkommen, beteuert die Firma, die freilich immer noch davon profitiert. Dass Cerrejón heute vergleichsweise offen und nachgiebig auftritt, ist unbestritten. Dennoch hingen die Menschen, die Cerrejón umsiedeln will, "meist davon ab, was ihnen die Firma gibt", sagt Gonález von Indepaz.

Yoe Arregocéz sieht das noch kritischer. Er stammt aus Roche, einem Dorf, das mittlerweile von Cerrejón-Besitz wie von einem U umgeben ist. "Dieser Boden hat die ganze Welt reich gemacht", sagt er, "bloß Roche ist arm geblieben". Ein deprimierender Anblick in der Abendsonne: Die Firma markiert die Grundstücke, die sie aufgekauft hat, mit rot-weißen Pfählen, und lässt sofort die darauf stehenden Gebäude einreißen. Die Bauern, die standhalten, haben kaum Weideplätze, kaum Wasserstellen für das Vieh - alles ringsherum gehört schon der Firma. Die zumindest früher lächerliche Preise bezahlt hat: keine 30 Euro für den Hektar. Heute, da nur noch wenige aushalten, wird zäh gefeilscht. So wie Tomás Ustate, der 300 Ziegen und Kühe hat und deshalb auf ein größeres Stück Land beharrt als der eine Hektar, den die Firma in Nuevo Roche anbietet, einer von ihr gebauten Ausweich-Siedlung mit Vorstadt-Charakter. Welche Chancen hat er noch? "Weiß ich nicht", sagt er, und das klingt ganz entschlossen, "aber man eben weiterleben und weiterkämpfen".