Was sind schon Schönheit und Jugend? Beim Fußball geht es doch auch um den Geist, um soziales Engagement und Literatur. Die besten Beispiele sind die Italiener an, findet unsere Kolumnistin Leona Stolterfoht.

Stuttgart - Vor einer Woche habe ich an dieser Stelle darüber geklagt, wie alt ich mich plötzlich fühle. Mit 35 Jahren ist es aus. Schluss. Vorbei. Die wenigen Spieler, die Mitte dreißig sind, blamieren sich (van Bommel) oder stehen unter Dopingverdacht (Schewtschenko). Danke für die vielen Reaktionen und aufbauenden Worte! Ich habe mir vorgenommen, dass mir ab jetzt Schnelligkeit und Schönheit egal sind – auf innere Werte kommt es an.

 

Und damit landen wir zwangsläufig bei Italien. Hätte ich mich noch bis vor ein paar Jahren ausschließlich über das Aussehen der Italiener ausgelassen (Maldini! Totti! Luca Toni!), steht für mich außer Frage, dass auch nach meinem Sinneswandel kein Weg an den Italienern vorbeiführt – und zwar allein, was den intellektuellen Aspekt betrifft. Zum Beispiel Antonio Cassano. Der ist nicht nur Fußballer, sondern auch Schriftsteller. Vor vier Jahren ist seine Biografie erschienen. Über die sagt er: „Ich bin der erste Mensch, der mehr Bücher geschrieben als gelesen hat.“ Der Stürmer legt großen Wert darauf, dass er nicht nur Fußball im Kopf hat: Cassano schreibt, dass er mit 700 Frauen Sex hatte (das Buch ist ja inzwischen vier Jahre alt!).

Wer vor lauter inneren Werten auch nur so strotzt, ist Mario Balotelli. Ein Buch hat er zwar noch nicht geschrieben, dafür ist er auf dem Feld der Linguistik aktiv: Balotelli hat die italienische Sprache bereichert. Mit der Wortschöpfung „Balotellata“ bezeichnen die Italiener eine überraschende Dummheit oder unverständliches Gerede. Der jüngste Fall hat sich auf einer Pressekonferenz vor dem Spiel gegen England zugetragen. Ob er faul sei, wollte ein Journalist wissen. „Ich hab den Arsch nicht in Nutella.“ Da haben sich selbst seine Mitspieler auf dem Podium ratlos angeschaut.

Italiens begabtester Stürmer lässt aber auch Taten sprechen. Aufsehen erregte er, als er mit Dartpfeilen Jugendspieler seines Vereins Manchester City bewarf. Ein anderes Mal wurde er verhört, weil er mit seinem Sportwagen auf das Gelände eines Frauengefängnisses fuhr – er wollte damit einer Prostituierten die eintönige Haftzeit versüßen. Wie einfallsreich und sozial! Das ist doch viel ehrenwerter als auf Wohltätigkeitsgalas Champagner zu trinken.