Unsere Kolumnistin will mit Hilfe ihres Handys ihr Leben endlich auf solide Beine stellen – und nebenbei gleich noch die Anzahl ihrer Schritte messen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Es beginnt jedes Mal mit einem braunen Blatt. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier – und wenn der fünfte Wedel bräunt, hat man das Gießen wohl versäumt. Kriechen aus der Erde Viecher, wird die Pflanze siech und siecher. Erst hat das Grünzeug zart geziert, schon ist es wieder ruiniert.

 

Dabei muss das nicht sein. Mit einer Pflanzenpflege-Assistent-App mit Wi-Fi-Pflanzensensor und Gießalarm, Diagnose-Helfer und Push-Nachrichten gedeihen Flaschenbaum und Birkenfeige aufs Beste. Der intuitive Assistent berücksichtigt sogar die Kalibrierung der personalisierbaren Pflanzen.

Manche Menschen kennen nicht mal ihre Einschlafzeit

Manchmal wundert man sich, wie manche Menschen durchs Leben dilettieren. Ich kenne Leute, die atmen, ohne zu wissen, wie viel Sauerstoff sie dabei verbrauchen. Sie haben keinen Schimmer von ihrer persönlichen Einschlafzeit. Sie tracken nicht einmal die Bewegungen ihres Hundes.

Nur ein Depp denkt, ’ne App wäre Nepp!

Eine Freundin will abnehmen, schafft es aber nicht. Statt dass sie mit einer Smartwatch ihren Körperfettanteil misst. Mit der FitBitZip-App könnte sie ihre Schritte zählen lassen und über einen Tracker den Kalorienverbrauch kontrollieren. Die Cardiograph-App würde den Herzschlag auf die Uhr schicken und ein Beschleunigungssensor messen, wie weit sich der Brustkorb hebt. Die Hydro-App ermahnt, genug zu trinken. Und wenn sie dann noch ihren Fingerabdruck im Handy einscannt, würde ihr die Stimmungs-Sensor-Fun-App verraten, ob ihre Laune eher glücklich oder doch sonnig ist.

Die Freundin sagt, dass sie auch ohne Stimmungs-Sensor-Fun-App weiß, dass sie jetzt unglücklich ist. Weil sie schon wieder Lust auf Torte hat.

Ich hab ihr dann mit der „Yo“-App ein aufmunterndes „Yo“ geschickt. Und den Link zur Noom-Coach-App. Damit sie ihre Ernährung tracken kann.

Mit ’ner App kriegt der Depp plötzlich Pepp. Yepp!

Ich muss hier jetzt leider abbrechen. Meine Rescue-Time-App hat gerade ergeben, dass mein Produktivitätsoll für heute bereits erfüllt ist. Jetzt nur noch die ausstehenden 347 Schritte ins Auto, damit ich erfahre, wie meine Laune heute ist. Denn ist der Depp erst App-versessen, wird nicht nur jeder Stepp vermessen. Mit dem taxierten Spritverbrauch erfährt man seine Laune auch: Ist die Stimmung tief im Keller, fährt man nämlich deutlich schneller.