Jetzt ist es offiziell: wer mit Zumutungen fertig werden musste, hat größere Chancen, glücklich zu werden. Deshalb ist unsere Kolumnistin froh über ihre Niederlagen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Thomas Manns jüngste Tochter Elisabeth, das ist bekannt, hat ihren Hunden Klavierunterricht erteilt. Einer ihrer englischen Setter hatte ein beachtliches Repertoire von Bach bis Béla Bartók. Auf einem Spezialklavier mit extra großen Tasten gab er auch gern den „Pilgerchor“ aus dem „Tannhäuser“ zum Besten. Hund müsste man eben sein. Oder Affe. Es gibt nämlich auch Affen, die malen können. Sie werden berühmt. Sie machen Ausstellungen. Man reißt ihnen die Kunstwerke förmlich aus den Pfoten.

 

Ich möchte trotzdem kein Affe sein. Psychologen aus den USA haben nämlich herausgefunden, dass Niederlagen glücklich machen. Menschen, die eine gewisse Zahl an Zumutungen in ihrem Leben durchstehen mussten, haben ein besseres Wohlbefinden als jene, die nicht mit Niederschlägen konfrontiert waren. Meine Klavierlehrerin hat mir zum Beispiel immer Noten nach dem Unterricht gegeben. Entweder eine Fünf oder eine Fünf plus, häufig auch eine Fünf minus. Hätte ich aber den „Pilgerchor“ aus dem „Tannhäuser“ hinbekommen, wären sowohl die Lehrerin als auch ich vielleicht nie richtig glücklich geworden.

Lehrer können einem die Handarbeit verleiden

Eine Freundin musste als Kind im Handarbeitsunterricht eine Taschentuchtasche häkeln. Sie war wochenlang damit beschäftigt und hat so emsig aufgetrennt und gehäkelt und getrennt und gehäkelt, bis die weiße Wolle grau und speckig war. Angewidert hielt die Lehrerin das schmutzige Etwas hoch – und die Klasse grölte.

Die Freundin hat nie wieder eine Häkelnadel in die Hand genommen. Zum Glück. Denn so kann ich mich glücklich preisen, nie eine gehäkelte Taschentuchtasche benutzen zu müssen.

Ich bin aber nicht nur glücklich, sondern rückblickend sogar ein bisschen stolz. Ich habe mal eine tolle Wasserschlacht gemacht. Wir Kinder verteilten uns an mehreren Fenstern und bewarfen uns gegenseitig mit Wasserbomben. Die Dame in der   drunterliegenden Wohnung hat sich zwar furchtbar aufgeregt, wie die leidgeprüften Probanden der psychologischen Studie wird aber auch sie dadurch letztlich höhere Lebenszufriedenheit erreicht haben. Durch mich. Denn ich habe mich nicht mit Wasserbomben begnügt – sondern gleich den Duschschlauch genommen.