Es gibt Leute, die höflich, aufmerksam und hilfsbereit sind. Und es gibt welche, die ihre Prioritäten anders setzen. Unserer Kolumnistin Adrinne Braun sind letztere nicht so sympathisch.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Gastgeschenke sind ein kniffliges Thema. Der Deutsche Knigge-Rat empfiehlt: Mitbringsel sollten nie zu üppig wirken. Das ist beruhigend. Das ist auch praktisch. Je kleiner das Geschenk, desto mehr Hände hat man zum Beispiel für Frischhaltedosen frei. Es gibt nämlich zwei Kategorien von Gästen: Die einen backen Kuchen und bringen Salat mit. Und die anderen packen sich die Reste ein.

 

Ich habe mal eine Freundin zum Essen eingeladen, bekam aber plötzlich hohes Fieber, so dass ich nicht kochen konnte. Ob es in Ordnung wäre, wenn sie uns etwas zu Essen macht, habe ich die Freundin gefragt. Nein, sagte sie, packte die Steaks für sich und ihre Kinder ein, wünschte mir gute Besserung und war weg. Danach waren wir dann keine Freundinnen mehr.

Beim Umzug auf einen Kaffee vorbeischauen

Aber so ist das eben. Es gibt Leute, die ihre Hilfe anbieten, anpacken, abdecken oder spülen, die schleppen oder einem die Tür aufhalten. Und es gibt Leute, die haben Rücken oder Knie, Kopf oder Kinder, Stress, Sitzungen, Schwiegermütter. Oder sie haben etwas Wichtiges zu bereden. Als ich kürzlich einer Freundin beim Einzug half, schneiten zwei Bekannte vorbei. Während wir schwitzten und keuchten, Schränke einräumten und Nägel in die Wände kloppten, liefen die Damen neugierig auf und ab und sagten irgendwann „Ein Käffchen wäre jetzt schön“. Dann haben sie sich zwischen die Kisten gesetzt, unseren Proviant gefuttert und Schwätzchen gehalten. Nach eineinhalb Stunden gingen sie mit den aufmunternden Worten: „Da habt ihr noch ganz schön was zu tun. Aber das wird.“

Edel sei der Mensch, milchreich die Kuh. Oder um mit den Chinesen zu sprechen: Vernachlässige nicht dein eigenes Feld, um das eines anderen zu jäten.

Ich habe zum Glück nur höfliche Menschen in meinem Umfeld. Am Sonntag mache ich eine Lesung im Renitenztheater Stuttgart. Seit Tagen trudeln im Zehn-Minuten-Takt Rückmeldungen ein, allesamt total freundliche, höfliche, wortreiche, aufmunternde Absagen. Das ist wirklich super nett. Aber um Missverständnisse zu vermeiden: man muss da nichts tun, weder anpacken, schuften, schleppen noch spülen oder kochen. Und falls irgendjemand einen Kuchen mitbringen sollte, könnte man sogar ein Stück mit nach Hause nehmen.