Erfolg und Blamage liegen bei Wahlwerbespots oft nah beieinander. Nun hat der Ortsverband der Grünen in Weingarten zur Gemeinderatswahl 2014 einen solchen Clip gedreht - und ist mit 20.000 Klicks überraschend erfolgreich.

Weingarten - Wahlkampf ist die Hochphase der politischen Kommunikation von Parteien. Kaum ein Mittel wird ausgespart, um die Menschen von den eigenen Positionen und Zielen zu überzeugen. Aufwändige Imagefilme werden produziert, Internetkampagnen aufgefahren und das Land mit Plakaten überklebt. Während die großen Parteien teure Wahlkampfberater und Mediengestalter einstellen, haben Kreisverbände und Ortsgruppen häufig keine oder nur sehr geringe finanzielle Mittel zu Verfügung. Das spiegelt sich nicht selten in den Ergebnissen wieder.

 

Grünes Internetphänomen

Gerade bei Wahlwerbespots bewegen sich kleine Regionalverbände und Ortsgruppen auf einem schmalen Grad zwischen und Erfolg und Blamage. Zur Kommunalwahl in Baden-Württemberg am 25. Mai 2014 hat ein kleiner Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen nun einen Imagefilm produziert. In Weingarten bei Ravensburg hat man dazu extra einen eigenen YouTube-Kanal eingerichtet.

Untermalt von Rockmusik tollen die fünf Gemeinderatskandidaten durch ihre Stadt. Mit ulkigen dreiradähnlichen Gefährten geht es zunächst durch einen Skaterpark - weil "grün ja voll in Fahrt ist". Mit Steckenpferden wird dann die Altstadt unsicher gemacht, bevor man schließlich ein paar Schritte durch einen Bach stapft, "damit Weingarten nit de Bach nab goht". Das Finale: ein Bobbycarrennen über den Marktplatz, wobei das grüne Bobbycar natürlich gegen das rote gewinnt.

Blamieren wird hier offenbar groß geschrieben.

Mit nahezu 20.000 Klicks in zwei Tagen hat die öffentliche Resonanz die Erwartungen weit übertroffen, so Holger Heyer, einer der Protagonisten und Gemeinderatskandidat der Grünen. Das Konzept sei voll aufgegangen. "Wir wollten etwas Trashiges, Kultiges und Verrücktes machen, um so maximale Aufmerksamkeit zu erreichen." Auch habe man sich mit dem komischen Inhalt nicht an der politischen Stammwählerschaft orientiert, sondern habe auf Leute zugehen wollen, die sich nicht so für Politik interessieren.

Inhalte sollen folgen... - sollen.

Nachdem Weingarten auf der Landkarte nun "kein weißer Fleck mehr" sei, wolle man jetzt Inhalte liefern, so Holger Heyer. Tatsächlich wurden bereits zwei indiviuelle Kandidatenvideos hochgeladen. Obgleich man hier auf Inhalte fokussieren will, behält der Ortsverband mit diesen "Bewerbungsvideos" den Stil des ursprünglichen Imagefilms - möglicherweise unbewusst - bei. Von unglücklichen Outfits - Stichwort Krawatte - über das halbsouveräne Vortragen auswendig gelernter Texte bis hin zur ständigen Wiederholung von Wahlslogans, finden sich allerlei Peinlichkeiten in den Filmen in Wackelkamera-Optik, auch wenn sich die Kandidaten mit "Pizza-mit-oder-ohne-Gedichten" und prägnanten Slogans "in Weingarten, für Weingarten" alle Mühe geben.

Der Wahlwerbespot von Holger Heyer:

Der Wahlwerbespot von Alexander Jürgens: