Wer dieser Tage durch die Straßen schlendert, dem offenbaren sich schon halb vergessene Bilder.

Stuttgart - Regen stäubt fein, fast zärtlich, vom Abendhimmel. Die Wolken, aus denen er auf meine Brille fällt, changieren zwischen Taubenblau und Schiefergrau, die Sonne wartet dahinter und hellt sie auf. Meine Ohren sind eiskalt, ein Mai wie aus der Bauernregel: Kühl und nass füllt Scheune und Fass. In den Mauerritzen vor dem Studentenwohnheim schießen kapitale Disteln und Habichtskraut hoch. Die Kastanie am Fuß der Staffel zur Olgastraße ist in Hunderten von hell schäumenden Blütenkerzen explodiert. Mich zieht es in die Stadt, vorbei an der Holzskulptur des heiligen Martin, die dunkelbraun ist vor eingesogener Feuchtigkeit. Nach Jahren der Renovierung steht sie wieder an ihrem alten Platz, hinter frisch gepflanzten Bäumen vor dem Haus Martinus. Großzügig wie eh und je reicht der Heilige dem Bettler ein Stück Mantel hinab.