Um schöne Träume und die Liebe zu Tieren geht es in zwei verschiedenen Apassionata-Shows – doch hinter den Kulissen tobt eine Schlammschlacht. Das „Original“ begeisterte nun in der Schleyerhalle. Unser Kolumnist hat sich ein Happy End ausgedacht.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Am Ende trampeln Zuschauer vor Freude mit den Füßen auf den Tribünenboden. Welches Apassionata-Spektakel nun das echte ist, kann den Besuchern egal sein, wenn sie nur gut unterhalten und zum Träumen verführt werden.

 

Schlecht ist keines der beiden Programme, die gerade mit demselben Namen durch Deutschland touren. Die Anwälte der Konkurrenten kämpfen um Lizenzen. Vor dem Jahreswechsel hat die Truppe von Apassionata-Gründer Peter Massine für zwei Aufführungen den rundweg überzeugenden Anfang in der jubelnden Schleyerhalle gemacht. Im März folgen an drei Tagen an derselben Stelle die Pferde und Equipen, die unter dem Showtitel „Gefährten des Lichts“ im Dienste des früheren Stage-Chefs Johannes Mock-O’Harra unterwegs sind. Der langjährige Musicalmacher und Ehemann der Schauspielerin Natalie O’Hara („Der Bergdoktor“) arbeitet in der Apassionata World GmbH, in Europas größter Pferde-Entertainment-Firma, als Geschäftsführer mit chinesischen Investoren, die Massine nach heftigem Streit aus dessen Firma rausgeworfen haben.

Magische Begegnungen von Mensch und Pferd

Der Sitz beider Apassionata-Firmen befindet sich in Berlin – auch noch in unmittelbarer Nachbarschaft. Kantstraße 29 lautet die eine Adresse, Kantstraße  24 die andere. Wenn sich die Mitarbeiter der konkurrierenden Unternehmen auf der Straße oder in einem Café des Viertels treffen, so heißt es, schauen sie aneinander vorbei und reden kein Wort miteinander.

Die Welt ist nicht gut – sie wird von Zank und Hass regiert. Der Kampf der verfeindeten Firmen könnte der Anfang eines Apassionata-Märchens sein, das Zehntausende mit der Eleganz der Rösser rührt, mit bunten Kostümen der Tänzer, mit fantasievollen Filmen auf der Leinwand, mit magischen Begegnungen von Mensch und Pferd.

Schuldirektor Claude hat in der jetzt in Stuttgart gefeierten Show „Apassionata – Der Traum“ eine Zeitkapsel gefunden, die fast 100 Jahre ungeöffnet vor sich hin schlummerte. Sie enthält den Brief seines Urgroßvaters, der beunruhigende Zeilen für die Nachwelt aufgeschrieben hat. Die Welt macht sich selbst kaputt, verliert das Grüne, vereist immer mehr und wird von seelenlosen Maschinen unterjocht.

So politisch war die Inszenierung von Holger Ehlers, dem Apassionata-Kreativdirektor der ersten Stunde, noch nie.

Die Freiheitsdressur von Kerstin Brein ist ein Höhepunkt

Claude bricht auf, um die Welt zu retten. Auf seiner Reise trifft er anmutige Lusitanos, kraftvolle Friesen, sogar ein fast zwei Meter hohes Shire Horse – und einen Esel. Zu den Höhepunkten zählt die Freiheitsdressur der Österreicherin Kerstin Brein. Ihre frechen Welsh-Ponys befolgen ohne Sattel und ohne Gerte jedes noch so kleine Kommando, das ihnen mit Augen und Gesten erteilt wird. Das muss wahre Liebe sein!

Nach fast drei Stunden ist in der Schleyerhalle das Happy End sicher. Im wahren Leben steht es noch aus. Peter Massine hatte Geld gebraucht, um einen Pferdepark in München zu bauen. Dafür holte er chinesische Geldgeber in seine Firma, mit denen er sich aber dann überworfen hat.

Keiner weiß, was genau vorgefallen ist. Die neuen Besitzer setzten jedenfalls Massine vor die Tür, der daraufhin eine neue Firma gründete. Nun machen sie den Münchner Reitpalast ohne den geschassten Pferde-Show-Gründer. Gerichte haben in erster Instanz oder in einstweiliger Verfügung entschieden, dass der Name Apassionata in der stationären Arena in Bayern bleiben darf, aber im Tourprogramm nur noch bis Juni des kommenden Jahres.

Der Rechtsstreit ist noch lange nicht beendet

Das von Mock-O’Hara geführte Unternehmen – in der Branche wird es als die „Chinesenfirma“ bezeichnet, was den Mitarbeitern gar nicht gefällt – wird künftig den Showtitel groß auf die Plakate schreiben, davor etwas kleiner: „Apassionata World GmbH präsentiert“. Der Firmenname darf vorerst bleiben. Der Rechtsstreit ist aber noch lange nicht beendet.

Ach, die verfeindeten Chefs sollten sich mal gemeinsam eine Apassionata-Show anschauen! Werden sie dem Märchenerzähler in der Schleyerhalle glauben? „Liebe bricht dunkles Eis“, sagt er theatralisch.

Ist es nur ein in aussichtsloser Traum, dass Pferdeliebe am Ende stärker ist als menschliche Feindschaft? Wir warten und freuen uns aufs Happy End.