Die Freundin der Tochter macht vor, wie Ausmisten geht. Das Ergebnis ist beeindruckend und erschreckend zugleich. Was die eigene Familie von einer Zehnjährigen lernen kann.
Der Jahreswechsel ist immer eine gute Zeit, um sich von alten Dingen zu verabschieden und etwas Neues zu beginnen. Wie wäre es also mit Ausmisten? Über die Feiertage haben wir die Kindergartenfreundin meiner kleinen Tochter besucht. Die hat die Ferien genau dafür genutzt. Und sie war sehr gründlich. In dem neu in blau und türkis gemalerten Zimmer fand sich so gut wie nichts mehr. Es gab noch zwei Seegraskörbe: einer gefüllt mit Bastelutensilien, der andere mit kleinen Kuscheltieren, die einen bestimmten Namen haben, den ich aber bereits wieder vergessen habe. Auf dem Schreibtisch stand eine Dose mit Buntstiften.
Ansonsten gähnende Leere. Es sah aus wie in einem dieser Kinderzimmer-Vorschläge im Möbelhaus, wo keine echten Bücher, sondern nur Attrappen im Regal stehen. Was macht eine Fast-Elfjährige ohne jedes Spielzeug? Ihre Antwort: Mal malen, mal lesen. Aber wenn Schule sei, habe sie eigentlich ohnehin kaum Freizeit. Irgendwie traurig! Ich weiß aber, dass Freunde und Theater und vielleicht auch das Handy ebenso zu ihrem Alltag gehören.
Bunte Laternen und geflügelte Einhörner
In den Zimmern meiner Töchter sieht es ganz anders aus. Da hängen noch immer die im Kindergarten selbst gebastelten Laternen an der Decke, unter dem halb hohen Bett steht das rosa Stecken-Einhorn mit kleinen silbernen Flügelchen, auf dem Regal liegt ein Harry-Potter-Plastik-Zauberstab, der auf Knopfdruck seltsame Geräusche macht, die wahrscheinlich nach Magie klingen sollen. Auf die sehr umfassende Schleich-Horse-Club-Welt mit Wohnhäusern, Ställen, Koppeln und unglaublich vielen Pferden gehe ich an dieser Stelle lieber nicht genauer ein. Es würde den Rahmen der Kolumne sprengen.
Manchen Menschen fällt es eben schwer, sich von Liebgewonnenem zu trennen. Meine Kinder können nichts dafür, sie haben es schlicht geerbt, so meine Überzeugung. Und zwar von ihrem Vater, der kann auch nichts aussortieren und schon gar nichts wegwerfen. Die alten Schuhe mit der längst durchgelaufenen Sohle sind aus seiner Sicht bestens geeignet, um bei trockenem Wetter im Garten zu arbeiten. Und wenn sie dann doch irgendwann (Gott sei Dank!) komplett auseinander fallen, dann müssen zumindest noch die Schnürsenkel recycelt werden. Die kann man ja immer mal gebrauchen – zum Beispiel, um im Sommerhalbjahr die Tomatenpflanzen am Rankstab festzubinden. Das zerschlissene Baumwoll-T-Shirt ist als Putzlappen noch gut genug und aus 20 Jahre alten Fahrrädern mit defekten Bremsen lassen sich prima Ersatzteile gewinnen.
Glühbirnen haben wir zwar längst aus unseren Lampen verbannt, weil sie viel zu viel Strom verbrauchen, aber muss man sie deshalb gleich wegschmeißen? Hübsch in ihren kleinen Original-Pappschächtelchen verpackt (Ja, die haben wir auch noch!) und in eine alte Apfelstiege einsortiert, warten sie im Keller auf eine erneute Erleuchtung. Schließlich weiß man nie, was noch alles kommt.
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Alexandra Kratz hat zwei Töchter, die mitten in der Pubertät stecken. Allzu oft erkennt sie sich dabei selbst in ihren eigenen Kindern wieder.