Bei einer OB-Wahl in Stuttgart entscheiden erstmals auch die 16- und 17-Jährigen mit. Das ist super, schließlich zählt jede Stimme – auch die meines Sohns. Aber weiß er, was das heißt?

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Die OB-Wahl am 8. November hat meine ganze Familie im Griff. Überraschenderweise war unter den Wahlbenachrichtigungen, die ich neulich aus dem Briefkasten holte, auch eine für meinen 16-jährigen Sohn dabei. Klar, wer auf kommunaler Eben wählen darf, und das dürfen die 16- und 17-Jährigen in Baden-Württemberg seit 2014, ist nun auch bei der Wahl des neuen Stuttgarter Oberbürgermeisters gefragt.

 

Aber: Dürfen ist das eine, können das andere. Eine Bekannte erzählte am Wochenende von ihren Studenten, die noch nie etwas von der RAF oder von Tschechow gehört hätten. Eine Schnellumfrage daheim beim Abendessen ließ mich ernüchtert zurück und setzte erst einmal den Dornhaldenfriedhof ganz oben auf unsere Ausflugsliste.

Wer früh wählt, ist weniger politikverdrossen

Mein Sohn findet es „super“, dass er mit 16 wählen darf. Und er hat recht! Er engagiert sich im Bereich der Jugendarbeit; auch anderen jungen Menschen ist ihr direktes Lebensumfeld keineswegs egal. Sie sind von dessen Gestaltung in der Zukunft mehr betroffen, als die viel größere Gruppe der über 75-Jährigen unter den 450 000 Stuttgarter Wahlberechtigten. Die Fridays-for-Future-Demos und Studien zeigen es: Jugendliche haben ein recht ausgeprägtes Interesse an Politik und ein entsprechendes Wissen. Wer schon mit 16 ernstgenommen wird, ist später weniger politikverdrossen.

Super finde ich, dass mein Sohn auf der Fahrt zur Schule nun mit seinen Klassenkameraden auch über Politik diskutiert. Das ist vielleicht wichtiger als die Frage, welchem oder welcher der 14 Kandidaten und Kandidatinnen er letztendlich seine Stimme geben wird. Trotzdem: Seit die Wahlbriefe auf unserer Ablage liegen, füttere ich die Familiengruppe mit Links zu interessanten Informationen über die OB-Kandidaten.

Warten auf den Kandidat-O-Mat

Ob das von meinen Kindern alles gelesen wird, weiß ich nicht. Ehrlicherweise fällt mir die Abgrenzung der einzelnen Positionen auch nicht immer leicht. Die Jungwähler in der Familie freuen sich deshalb auf die Freischaltung des Kandidat-O-Mat am 17. Oktober. Die rund 30 Fragen wie: „Soll die Innenstadt dauerhaft autofrei sein?“ hat laut Auskunft der Landeszentrale für politische Bildung ein Team aus interessierten Jugendlichen und Politik-Experten erarbeitet.

Andrea Kachelrieß hat zwei Kinder, und das seit einigen Jahren. Gefühlt bleibt sie in Erziehungsfragen aber Anfängerin: Jeder Tag bringt neue Überraschungen. Sie betreut in unserer Redaktion die Kinderliteratur.