Ja, zur Zeit ist wieder alles ganz furchtbar. Falls Ihnen das auch auf die Nerven geht. Unser Autor empfiehlt Fortbildungskurse bei Kindern. Außer wenn die gerade schlechte Laune haben. Dann lieber nicht.
Alles schlimm, ja. Immer. Wird auch nicht besser. Alle sind wütend und drei bis neun Mal täglich geht die Welt, das Abendland und alles zwischendrin unter. Armes Deutschland. Servicewüste Leben. Misst man der allgemeinen Allgemeinlaune zu viel Beachtung, dann ist es hier allgemein schlimm, furchtbar und alles gemein. Um nicht vor dem Zeitgeist zu kapitulieren, muss man sich manchmal eben die Sahnestückchen des Lebens mutwillig selbst auf den Teller anrichten.
Wer in dieser Hinsicht etwas dazulernen möchte, sollte sich gelegentlich etwas Expertise bei Kindern abgucken. Die sind super, vollgestopft mit Lebensfreude, Liebe, einem fast unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen und keinerlei Lust, irgendwas davon zu revidieren.
Geniale Lösungsansätze!
Ein Mädchen im Kindergarten erklärte kürzlich, es sei doch gar nicht so schlimm, dass die deutsche Nationalmannschaft im Viertelfinale der Europameisterschaft aus dem Turnier rausgeflogen sei. Nun könnten die Spieler ja wenigstens ein bisschen früher mit ihren Kindern in den Urlaub fahren. Klar, kann man da „Aber!“ sagen, stellt dann allerdings recht schnell fest, dass es keine Gegenargumente gibt.
Ebenso gefällt mir der Ansatz, dass Krieg wirklich nicht gut sei, weil das schlecht sei, Leute sterben und Kinder nicht richtig spielen können. Man solle das denen mal sagen, damit sie mit dem Krieg schnell aufhören. Ich: „Ja, Mann!“. Auch ein wertvoller Denkanstoß: „Wenn Italien Frankreich hieße, welche Fahne würden die dann nehmen?“
Um mich von den Widrigkeiten des Alltags abzulenken, freue ich mich gelegentlich darüber, dass sich der Jungs-Vornamen „Wüterich“ in Deutschland nie richtig durchsetzen konnte. Andererseits, da muss ich mich ehrlich machen, bin ich mir nicht mal ansatzweise sicher, ob das Vorhaben je ernsthaft in Angriff genommen wurde. Zumindest einen rustikalen Sagenhelden könnte man sofort so nennen. Wüterich der Große, Rächer der Genervten zum Beispiel. Den dürfte sogar Götz von Berlichingen am, ja, egal.
Schrottpopel!
Außerdem: Kaum auszudenken, wie lustig das wäre, wenn mal eine Mutter über den Spielplatz rufen würde: „Wüterich! Verdammte Hacke! Hör sofort auf, mit dem Panzer auf falsch geparkte Autos zu schießen! Hier brennt schon alles! Du Arsch!“
Doch selbst wenn alle ständig nur noch stinksauer sind, darf man nicht den Fehler machen, ebenfalls zum Stinkstiefel zu werden. Falls doch: auch da ließe sich bestens von Kindern lernen. Denn zusätzlich zu den eingehend erwähnten kindlichen Vorzügen, weiß man auch: Niemand kann besser Feuer spucken als Kinder in Rage. Man nannte mich schon „Schrottpopel“ und „Du Kacka!“ – keine Ahnung, warum.
Es ist auch noch nicht allzu lange her, als ein, äh, Sohn seiner Mutter sinngemäß ans Herz legte, sich umgehend von ihrem, äh, Ehemann zu trennen, weil der das Käsebrot nicht quer geschnitten hatte, und da zudem Käse drauf war, obwohl er eigentlich Käse auf das Brot wollte. Ich versuche, in solchen Fällen nicht nachtragend zu sein. Jeder kennt schließlich diese Tage, an denen man Käse bestellt, Käse bekommt und dann wahnsinnig wütend wird, weil man Käse bestellt hat.
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Michael Setzer ist seit fünf Jahren Vater. Früher haben Eltern ihre Kinder vor Leuten wie ihm gewarnt. Niemand hat ihn vor Kindern gewarnt.