Wenn der Kapitän spricht, haben die Matrosen Sendepause. Das gilt auf jedem Schiff, das dampft und segelt. Im Familienleben gilt das nicht. Unser Kolumnist Matthias Hohnecker muss sich von seinem Nachwuchs ganz schön was anhören.

Stuttgart - Ferien sind die Zeit, in der man als Vater über das große Ganze nachdenkt. Zum Beispiel darüber, dass Mathebücher der einzige Ort sind auf dieser Welt, an dem man 43 Tüten Milch auf einen Schlag kauft – und keine wird sauer. Oder welche Antwort man dem Kind geben könnte, wenn es fragt, ob es sinnvoll sei, im Englischunterricht aufzupassen, wenn selbst Dolmetscher im Fernsehen in einer „Star-Wars“-Pressekonferenz den Satz „May the force be with you“ mit „am 4. Mai sind wir bei euch“ übersetzen.

 

Als intellektuell anspruchsvolles Elternteil sagt man dann in Diskussionen mit anderen Elternteilen, dass die Kinder schlicht an Lernbulimie litten, sprich: dass sie vor einer Klassenarbeit ihren Stoff in sich hineinstopfen, um ihn nach der Klausur schnell als ausgekotzt abzuhaken, um so Platz für neues Stopfmaterial zu machen. Gelernt wird dabei nichts, schon gar nicht fürs Leben. Nutzloses Wissen.

Man dachte ja bisher immer, dass dieses chronische Nichtwissen vor allem ein Problem der Österreicher sei. Oder wie soll man seinem Kind erklären, warum die zweite Fußballliga in Österreich „erste Liga“ heißt? Andererseits: nicht nur die Österreicher sagen statt einzehn und zweizehn genau wie wir elf und zwölf. Und wiederum andererseits: nur in Kärnten gibt es die Orte Innere und Äußere Einöde. Dort kann man mangels befruchtender Gespräche schon mal verblöden und selbst mit Witzen wie „aus den Buchstaben des Wortes ,Regierung‘ lässt sich auch die Wendung ,Genug Irre‘ bilden“ keinen Mitlacher finden.

Flachwitze macht grundsätzlich nur der Vater

Höchstens die eigene Tochter, die ihr Lachen aber schnell verschluckt und dann sagt: „Achtung, Käpt’n Niveau, wir sinken!“ Überhaupt, Flachwitze des Vaters (nur des Vaters!) sind gerade in der Ferienzeit besonders auffällig, weil man dann als Tochter und als Sohn mehr Zeit hat, über sie nachzudenken. Praktisch jedes Wort des Vaters ist dann: ein Flachwitz. Nur wenn die Mutter sich verplappert, wird herzhaft gelacht.

Das mag an den Verplapperern liegen. So fragte Mutter S. neulich mit schmerzverzerrtem Gesicht, was man bloß als Kokosnusskacker alles aushalten müsse – nur weil sie den Buchstaben „n“ aus „Kokosnussknacker“ überlesen hatte. Tochter E. und Sohn P. lachten lauthals, ausdauernd und tränenreich – vom Käpt’n Niveau war da aber so was von gar keine Rede. Oder wenn Tochter E. plötzlich anfängt, „Liegestütze“ zu machen und den ernsten Hinweis des Vaters M., es heiße bei ihr ja eigentlich „Lügestütze“, weil sie gar keine richtigen Liegestütze mache, sondern nur die Hüften leicht schaukle bei durchgedrückten Armen – genau dann wird wieder Käpt’n Niveau angerufen und eine Sinkwarnung ausgerufen. Wenn Tochter E. indes behauptet, ihre Freundin „strandet am Zelt“ (wenn sie eigentlich sagen will, die Freundin zelte am Strand) oder wenn sie die Venen straffenden Stützstrümpfe ihrer Mutter als „Schwitzstrümpfe“ bezeichnet, dann, natürlich, ist Käpt’n Niveau auf Landgang. Als Vater kommt man sich in den Ferien vor wie der Erfinder des Furzkissens. Der hieß Elagabal, war Kaiser von Rom – und wurde hingerichtet.