Wiederholtes Vorlesen verschafft auch den Eltern enormes Sachwissen. Unser Kolumnist Christoph Schlegel ist auf diese Weise zum Experten für Brandbekämpfung und Rittertum geworden und kennt sich auch mit Prinzessin Lillifee gut aus.

Stuttgart - Auf dem Gebiet der Brandbekämpfung gelte ich inzwischen als ausgewiesener Experte. Ich weiß, wie viel Luft ein Atemschutzgerät der Feuerwehr enthält (1700 Liter), wie lang diese Luft reicht (20 Minuten) und wie die Aufgabenverteilung des Schlauchtrupps und des Angriffstrupps im Fall eines Brandes definiert ist. Des Weiteren kenne ich Details und Zusammensetzung eines Löschgruppenfahrzeugs und weiß, was zu tun ist, wenn beispielsweise im Schweinestall Hochwasser ist oder im Wald ein Feuer ausbricht.

 

Im Gegensatz zu vielen anderen sind mir Werkzeuge wie beispielsweise der Rettungsspreizer oder die Schaumkanone sehr vertraut. Ich habe geschätzte 1476-mal das Buch „Was ist Was – Feuerwehr“ vorgelesen, habe mindestens genauso oft die dazugehörende CD mitgehört sowie meinen Bibliotheksausweis mehrfach mit der Ausleihe einer ergänzenden Feuerwehr-DVD belastet und diese dann auch jedes Mal angesehen. Mein theoretisches Wissen über die Aufgaben und Tätigkeitsfelder der Feuerwehr ist enorm.

Auch auf dem Gebiet der Hochseeschifffahrt sowie der lokalen Binnenschifffahrt habe ich mir in den vergangenen Jahren einiges Wissen angeeignet. Nicht zu vergessen eine meiner Kernkompetenzen: den Schienenverkehr. Fragen wie: Was macht das Stellwerk, welche Zugtypen gibt es, nach welchen Kriterien wird der Bahnhofsalltag organisiert und wie schnell fährt der schnellste Hochgeschwindigkeitszug, könnte ich jederzeit aus dem Stand beantworten. Ohne jetzt dick auftragen zu wollen, aber bei den Themen Rittertum und Piraterie wäre ich durchaus auch ein kompetenter Ansprechpartner und könnte einen Smalltalk bereichern.

Doch nicht nur Sachbücher wurden von mir bis zum Umfallen vorgetragen, oh nein, auch eine Vielzahl fiktiver Geschichte sind mir durch das intensive Vorlesen inzwischen vertraut, als hätte ich sie selbst erlebt: Hier seien stellvertretend die Abenteuer eines Eisbärjungen am Nordpol, die Abenteuer eines Wikingerjungen in der Nordsee sowie die Abenteuer eines Esels in Griechenland genannt. Auch mit aus meiner Sicht völlig abgedrehten Geschichten habe ich mich durchs dutzendfache Vorlesen inzwischen angefreundet, zum Beispiel mit Geschichten, in denen es um Einhörner, Zauberkraut (!) und Prinzen, die in Eispalästen wohnen, geht, und die unter dem Namen „Prinzessin Lillifee“ das Buchregal belagern.

Alles in allem kann ich bereits heute eine recht positive Bilanz ziehen. Man sagt ja immer, Kinder würde Freude, Glück oder Ähnliches bringen, mir haben Kinder vor allem Detail- und Sachwissen gebracht. Was ich in diesem Umfang nicht erwartet hätte, damals, als ich, noch ohne Sachbuch, die Erzeugung des Nachwuchses angegangen bin. Allerdings darf man als Eltern nicht den Fehler machen, sich auf einmal erworbenem Wissen auszuruhen. Jederzeit können Fragen formuliert werden, die einen elementar fordern: „Was krieg ich zum Geburtstag? Wo wohnt Fernando Torres? Warum gibt es schon wieder Kartoffeln?“ Da wäre es dann gut, ein Sachbuch zur Hand zu haben.