Erzieherinnen und Erzieher haben ein erhöhtes Berufsrisiko, das ist bekannt. Dass das allerdings nicht unbedingt an den Kindern liegt, enthüllt unsere Kolumnistin Verena Mayer.

Region: Verena Mayer (ena)

Stuttgart - Erzieher sind immer ein bisschen traurig, wenn sie Kindergärtner genannt werden. Manche weinen deshalb sogar heimlich – wegen der unvorstellbaren Ungerechtigkeit. Kindergärtner, wie das klingt: so nett, so beschaulich. Nach viel frischer Luft, fluffigem Sandkuchen und gesundem Apfelsaft. Voll süß irgendwie. Ist aber leider genauso bähbäh wie die Redensart, mit der man Lehrer schrecklich traurig machen kann: Vormittags haben sie recht und nachmittags frei. Die Wahrheit ist: Kindergärtner, Verzeihung, also Erzieher, ist ein ganz und gar unsüßer Beruf.

 

Erzieher, das gibt es schwarz auf weiß, haben ein deutlich höheres Gesundheitsrisiko als andere Berufsgruppen. Sie werden häufiger krank und die Wahrscheinlichkeit, wegen Psychostress arbeitsunfähig zu werden, ist noch viel, viel höher als dem  Dennis  sein  unglaublich  hoher  Legoturm.

Laien halten diesen viel zu wenig beleuchteten Umstand schon nach kurzem Innehalten für so einleuchtend wie den Laserpointer vom Kevin seim großen Bruder. Das Sitzen auf den putzigen Kinderstühlen muss ja irgendwann aufs Kreuz gehen. Das Krabbeln durch die gemütlichen Tier- und Puppenecken und das Stemmen von pummeligen Fünfjährigen, das kann nicht gesund für die Gelenke sein. Und diese permanente Brabbel- und Schreikulisse – also die muss doch früher oder später aufs Gemüt schlagen. Nicht zu vergessen die durch fliegende Bauklötze verursachten Platzwunden und die von fehlgeleiteten Bastelscheren rührenden Stichverletzungen.

So also denken die Kindergarten-Laien. Insider jedoch wissen, dass die Wahrheit schlimmer ist. Viel schlimmer noch als der Lisa-Marie ihr glitzerndes Lillifee-Kleid mit Flügeln dran. Die Wahrheit lautet: Erzieher ist deshalb ein ganz und gar unsüßer Beruf, weil die Kinder, die in den Kindergarten kommen, von Eltern gebracht werden, die Dinge hören möchten, die zersetzender sind als die Benamsung von unschuldigen Kindern mit Jacqueline oder Jeremy.

„Natürlich darf jedes Kind sein eigenes Spielzeug mitbringen. Mit Videospielen und Plastikpistolen sind wir eh extrem schlecht ausgestattet.“

„Natürlich ziehe ich Ihrem Kind Matschhose und Gummistiefel an, wenn es draußen 30 Grad hat. Ich kann verstehen, dass es am Bach nicht nass werden soll.“

„Natürlich bastle ich mit Ihrem Kind zu jedem Geburtstag ein Geschenk. Schreiben Sie mir einfach die Geburtsdaten ihrer Familienmitglieder auf.“

Aber: wäre es für einen Kindergärtner nicht angemessen, diese Eltern ein bisschen zurechtzustutzen?

„Nein, ihr Dreijähriger ist nicht hochbegabt, nur weil er bis vier zählen kann.“

„Nein, wir verwenden spezielle Farbe. Ihr Kind wird für immer wie eine Katze geschminkt sein.“

„Schauen Sie doch erst einmal, ob die teure, zum Kleid passende Sonnenbrille Ihres verwöhnten Balgs nicht zu Hause liegt.“

Liebe Kindergärtner (und -innen), es gibt viel zu erziehen: Ab ins Beet!