Mit neugeborenen Müttern, und seien sie vorher noch so lustige Vögel gewesen, ist nicht zu spaßen. Kein Scherz: das muss so sein. Denn die Natur denkt sich immer etwas dabei, glaubt unsere Kolumnistin Simone Höhn.

Stuttgart - Die Mutter erinnert ihren Sohn, der zum Kindergeburtstag eingeladen ist: „Und vergiss nicht, wenn du dich verabschiedest, dich bei der Mutter des Geburtstagskindes für dein Benehmen zu entschuldigen!“ Die Frau hat Humor! Da dieser als Anekdote getarnte Mütterwitz in Wirklichkeit von einer einschlägigen Internetseite geklaut ist, darf man getrost davon ausgehen, dass es derlei abgebrühte Mütter in Wirklichkeit gar nicht gibt.

 

Mutter und gleichzeitig abgebrüht sein – ein Widerspruch in sich. Das gilt zumindest für neugeborene Mütter. Schließlich soll es sich um eine betrübliche, aber mehrfach bestätigte Tatsache handeln, dass Müttern mit der Nachgeburt auch der Humor abhandenkommt. Da werden aus routinierten Alltagssatirikerinnen plötzlich zart besaitete Sensibelchen, bei denen jeder noch so harmlose Scherz, selbst wenn er nur peripher etwas mit Kindern zu tun hat, anscheinend körperliche Schmerzen auslöst.

Fremdscherz auf Kosten des Kindes

Auch nur der gehauchte Versuch eines Fremdscherzes auf Kosten des Kindes, und jahrelange Freundschaften liegen binnen Sekunden als Scherbenhaufen vor einem. Da kann man sich hinterher noch so kopfschüttelnd fragen, ob es denn echt sooo schlimm war vom Babybowling zu sprechen, obwohl man eigentlich den Pekipkurs meinte. Das! ist! nicht! komisch!

Obacht ist auch bei Kommentaren über das Äußere der Kleinen angebracht. Es ist ganz egal, was man sagt, es darf auf keinen Fall differenziert, objektiv oder gar ehrlich sein. Man hüte sich vor Aussagen wie: „Da hat man ja richtig was in der Hand!“ oder wohlmeinenden Fragen à la: „Ab welchem Alter bekommen Kinder denn normalerweise Haare?“ oder gar entzückten Äußerungen aus der Abteilung: „Süß, die vielen Falten am Rücken, sieht aus wie ein Mops!“

Es handelt sich nämlich ebenfalls um einen knallharten Fakt, dass Frauen im Wochenbett ein bedingungsloses Faible für kleine, untersetzte Typen mit Bauch und Glatze entwickeln.

Instinkte oder Hormone

Auch das Empfinden für sinnvolle Freizeitgestaltung ändert sich radikal. Actionfilme oder Psychothriller, eine Schönwetterfahrt mit der Harley, eine Runde im Freefall-Tower auf der Kirmes, derbe Sprüche oder durchzechte Nächte – da kriegen Mütter im Erstpraktikum einfach zu viel.

Ihre Instinkte (oder waren es die Hormone?) sind auf Schutz, Geborgenheit und Harmonie gepolt, damit die böse, unheile Welt wenigstens für ein paar Wochen zu einem Hort des Friedens und der Ruhe wird. So soll es sein. Dass das Leben kein Ponyhof ist, lernen die Kleinen noch früh genug.

Männer sind im Übrigen auch nicht vor dem postnatalen Objektivitätsverlust gefeit. Bei ihnen setzt das Dasein im Wattebausch meist nur etwas später ein. Mit den ersten erfolgreich hinter sich gebrachten Wickel- und Fütterversuchen beispielsweise. Da kann man ja – als Mutter – nur von Glück sprechen, dass Weichei ausschließlich eine Beleidigung für Männer ist.

P. S.: So boshaft kann nur jemand sein, der keine Kinder hat. Aber eines ist gewiss: alles kommt eines Tages zurück.