Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche verteilt die CDU Rosen und streichelt 120 Jahre alte Eichen. SPD und Grüne bleiben trotzdem optimistisch. Dieser romantische Politikansatz lässt sich doch nicht dauerhadt durchhalten.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Marc Biadacz bereitet sich auf seine künftige Aufgabe vor: „CDU-Bundestagskandidat besucht die Wanderausstellung des Deutschen Bundestags“, meldet sein Wahlkampfbüro. Am Freitag, 19. Mai, begutachtet er die 21 im Mercaden aufgestellten Schautafeln mit „allen wesentlichen Informationen über den Bundestag“. Diese Form von Weiterbildung ist dringend geboten, schließlich scheint es so sicher wie das Amen in der Kirche, dass der Christdemokrat nach Berlin ziehen kann. Abgesehen davon, dass seine Partei gerade bei allen Wahlen oben auf ist, besticht er neue Wählerschichten.

 

Der Bundestagskandidat hat einen grünen Daumen

Vor wenigen Wochen bewies Marc Biadacz erst seinen grünen Daumen, als er im Böblinger Stadtpark neue Rosen pflanzte. Vergangenes Wochenende hat er dann die Rosen in abgeschnittener Form unter das weibliche Volk gebracht. Seine Aktion war allerdings ausschließlich „den wichtigsten Frauen im Ländle – den Müttern“ vorbehalten. Von Leonberg über Herrenberg und Sindelfingen bis nach Böblingen zog der Bundestagskandidat, um die erfolgreiche Vermehrung mit einer Blume zu würdigen. Die CDU sorgt im Kreis Böblingen eben immer wieder für Überraschungen. Nicht nur, dass sie sich zur Partei der Frauenversteher entwickelt, wenn schon keine Frauen auf wichtigen Posten der Kreis-CDU sitzen. Mittlerweile finden sich in ihren Reihen auch die ersten Baumschützer.

Am Montag hat Bernd Vöhringer die konservative Kreistagsdelegation in den Wald geführt, um ihr die Bäume ans Herz zu legen. Zwar wurde die Suche nach einem Standort für eine neue Erddeponie im Kreis Böblingen auf die lange Bank geschoben, und Sindelfingen steht nun auf einer Liste mit 21 weiteren möglichen Flächen. Dennoch wollte der frisch gewählte Oberbürgermeister zeigen, dass sein Engagement gegen den zu erwartenden Dreckhaufen im städtischen Naherholungsgebiet nicht nur Wahlkampfgetöse war. Der Besuch im von Sonnenlicht durchfluteten, von zartem Grün beseelten, nach Rinde und Moos duftenden Wald zeigte bei den Herren Wirkung: „Es wäre purer Frevel, 40 Hektar Wald mit rund 120 Jahre alten Eichen abzuholzen“, wetterte der Ehninger Bürgermeister Claus Unger, dessen Kommune ebenfalls auf der Liste vertreten ist.

Als Baumschützer lassen sich Wahlen gewinnen

Da die Bagger in sehr weiter Ferne sind, hat sich bislang keiner der CDU-Politiker an den Baum gekettet. Aber was nicht ist, kann ja noch kommen. Immerhin haben die Grünen mit dieser Strategie (und dank eines atomaren Unfalls in Japan) locker die Landtagswahlen gewonnen, als die CDU im Schlossgarten uralte Eichen für einen Bahnhof fällen ließ. Angesichts dieser aktuellen Entwicklungen ist die Nachricht, dass Jasmina Hostert und Tobias Bacherle optimistisch bleiben, deshalb mehr als verwunderlich. Sowohl die SPD-Kandidatin als auch ihr grüner Kollege sehen sich trotz der Rosen- und Baumschutz-Aktionen (und der Wahlniederlagen in Deutschlands Norden) nicht auf verlorenem Posten. „Ich lasse mich auf keinen Fall beirren“, sagte die SPD-Frau der Böblinger Lokalzeitung. „Da ist noch viel Zeit, und Stimmungen können sich so schnell ändern.“ Tobias Bacherle setzt ebenfalls auf die Zeit, nur mit etwas mehr Perspektive: „Das wird wohl schwierig für mich, aber ich bin ja noch jung“, erklärte der 23-Jährige.

Ob die CDU ihren romantischen Politikansatz im Kreis Böblingen lange durchziehen kann, ist in der Tat fraglich. Schließlich gibt es in ihren Reihen Männer wie Willi-Reinhart Braumann. Als der grüne Stadtrat Stefan Belz jüngst im Gemeinderat gelobt wurde, weil er Schadstoffmessungen in der Stadt angeregt hatte, stänkerte der Arzt nur: „Es hat hier den Anschein, als ob die Grünen Hüter der Gesundheit sind.“ Die Untersuchung hatte gezeigt, dass der Grenzwert für Stickoxid am Postplatz mehrfach überschritten wurde, weshalb jetzt weitere Untersuchungen anstehen. Für den CDU-Stadtrat sind diese Ergebnisse jedoch nur reine Statistik, die nichts über gesundheitliche Auswirkungen aussagen würden. Im Krankenhaus gebe es schließlich kaum Lungenkranke, ergänzte er seine weniger einfühlsame These.