Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche betreibt die CDU ausnahmsweise Frauenförderung. Aber nach dem 1. April wird der Kreis von der bitteren Realität eingeholt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Kein Scherz: Die CDU Böblingen hat sich am Samstag, 1. April, für die Frauen eingesetzt. Deren Mitglieder pflanzten Rosen! Genau genommen haben der Bundestagskandidat Marc Biadacz und seine Mitstreiter vor allem eine Dame unterstützt. Sie halfen Barbara Mischke, den Rosengarten am Unteren See wieder zu bestocken. Ordentliche Löcher zu graben ist schließlich eindeutig eine Aufgabe für wahre Männer. Wahre Karriereförderung mussten die Christdemokraten am Samstag dagegen nicht betreiben. Frau Mischke ist praktischerweise bereits Abteilungsleiterin für Umwelt und Grünflächen.

 

Der Landrat poliert sein Image auf

Der Landrat hat diese Woche ein ähnlich herausforderndes Unterfangen wie die CDU in Angriff genommen: Roland Bernhard will sein Image aufpolieren – und zeigt sich als Freund des Waldes. Vor Kurzem wollte er noch 30 Hektar Bäume für eine Erddeponie abholzen lassen. Nun feiert er am Freitag, 28. April, die Fichte als Baum des Jahres im Gemeindewald Gärtringen. „Einblicke in dunklen Tann und lichtdurchfluteten Mischwald“ erhalten die Teilnehmer der Veranstaltung. Wer die Fichte begleiten wolle, müsse sich ihre Geschichte anhören, steht in der einfühlsamen Ankündigung. Es handelt sich „um ein Baumleben am Grenzweg“. Das ist schön formuliert. Denn es kann durchaus sein, dass die Fichte, die der Landrat angetan bei seinem Spaziergang betrachtet, schon bald abgesägt wird. Gärtringen steht immerhin auch auf der Liste der Top 20, die für eine Deponie geeignet sind.

Dabei war am Samstag eine wunderbare Lösung für das Problem gefunden worden. An dem Tag, an dem die CDU Rosen pflanzte, vermeldete das Landratsamt „eine überraschende Wendung“ bei gleich zwei Großprojekten im Kreis, die bei Teilen der Bevölkerung ungeliebt sind. In einer Nacht- und-Nebel-Hauruck-Aktion hätten sich Kreistag und Verwaltung geeinigt, hieß es auf der Facebook-Seite der Kreisbehörde: „Das für die Klinik vorgesehene Gelände auf dem Flugfeld soll dem Vernehmen nach als Erddeponie umgenutzt werden.“ Das ist tatsächlich eine brillante Idee! Abgesehen davon, dass die fünf Hektar bereits dem Kreis gehören, liegen sie auch auf Böblinger Gemarkung, weshalb Sindelfingen dieses Mal sicherlich keine Fehler bei der Standortfindung entdecken wird.

Statt der Flugfeld-Klinik eine Erddeponie

Für die Flugfeld-Klinik ist angeblich schon ein neuer Platz gefunden: natürlich nicht im Wald, vermutlich um die Fichte zu schonen, sondern auf dem Deckel der A 81. Der Grundriss des Gebäudes müsste nur der Autobahn angepasst werden und lange Flure deshalb in Kauf genommen werden, heißt es in der Meldung. Über Flugfeld-Deponie und Autobahn-Klinik zeigten sich laut dem Bericht des Landratamtes die Vertreter der Bürgerinitiativen „Flugfeldklinik? Nein Danke!“ und „Leise A 81“ begeistert. Die Anti-Flugfeldklinik-Initiative, die ihren Zweck nun erfüllt sehe, wolle sich sogar umbenennen in „Flugfeld-Deponie? Ja bitte!“.

Dass eine so schöne Geschichte nicht wahr sein kann, wurde allein angesichts des Veröffentlichungstermins klar – am Samstag um 1 Uhr. Auch wenn die Deponiesuche auf Hochtouren läuft: Um diese Zeit arbeitet im Landratsamt niemand mehr. Die Realität sieht nach dem 1. April wieder bitter aus. In Grafenau steht das Erd- und Schuttproblem am Mittwoch, 5. April, im Gemeinderat an. „Wenn einer schreit, wird alles infrage gestellt“, ärgerte sich der Bürgermeister Martin Thüringer vorher darüber, dass seine Kommune durch eine Art von Nacht- und-Nebel-Hauruck-Aktion plötzlich wieder im Auswahlverfahren steckt.