Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche wird die CDU endgültig von allen guten Geistern verlassen. Andere Fraktionen sind mit dem Rathaus in Harmonie.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Bei der Sindelfinger CDU herrscht ein strenges Regiment: Eigenmächtige Abwesenheit wird stante pede bestraft. Horst Thome war nicht zur Nominierungsveranstaltung für die im Mai anstehende Gemeinderatswahl erschienen – und ging prompt leer aus. Familiäre Gründe führte der amtierende Stadtrat für sein Nichterscheinen zwar an, aber die Mehrheit hat sich davon nicht überzeugen lassen: 17 CDUler hätten ihn trotzdem gewählt, 19 waren dagegen. Der Lehramtsstudent Tobias Ehret erkannte seine Chance und sicherte sich per Kampfkandidatur den neunten Listenplatz und kletterte damit um gleich drei Positionen nach oben.

 

Vöhringers Nachfolger schon gefunden

Solche Karrieren sind bei der Sindelfinger CDU normal, versicherte Walter Arnold. Junge Leute auf gute Listenplätze zu setzen, hat laut dem Stadtverbandsvorsitzenden Tradition. Etliche seien in der Politik ja etwas geworden, erklärte er und nannte Bernd Vöhringer als Beispiel. „Die Nominierungsveranstaltung war sonst sehr harmonisch“, heißt es in der Mitteilung noch. „Es gab bis auf die Nicht-Wahl von Horst Thome keine weiteren besonderen Ereignisse.“ Mit Maike Stahl wurde zwar eine Spitzenkandidatin gekürt, aber auch diese Tatsache ist angesichts von nur drei weiteren Frauen unter den ersten 14 Plätzen nicht sonderlich aufregend gewesen für die Partei. Im Stadtteil Maichingen verstärkte noch Heidrun Struckmann-Walz diese Reihe, indem sie von den Freien Wählern zur CDU wechselte.

Dagegen ist die Böblinger Fraktion der Konservativen ein trauriger Haufen: Im Gemeinderat hat die CDU mit den Abgängen von Daniela Braun, Jürgen Kienle und zuletzt Willi-Reinhart Braumann schon vor der Kommunalwahl ihre Mehrheit verloren. Außerdem gingen damit die Stimmenkönigin und der -könig verloren. Darüber hinaus drohte der derart geadelte Willi-Reinhart Braumann damit, mit einer eigenen Liste anzutreten. Obwohl er bei der Nominierungsveranstaltung der Böblinger CDU anwesend war, ist er erst gar nicht mehr aufgestellt worden. Und anders als beim designierten Vöhringer-Nachfolger Ehret war die Kampfkandidatur des 73-Jährigen nicht erfolgreich.

Harmonie bei den Freie Wählern

Jürgen Kienle sucht derweil sein Heil bei den Freien Wählern. Dieser Schritt ist leicht nachvollziehbar, denn die etwas anders Konservativen haben das Lieblingsvokabular des grünen Oberbürgermeisters übernommen: Von Aufbruch sprechen sie in ihrem Bericht von der Nominierung für die Kommunalwahl und natürlich von Harmonie. Dass es in der Fraktion friedlich zugeht, liegt sicherlich daran, dass alle acht amtierenden Stadträte wieder einen sicheren Platz auf der Liste haben. Ansonsten lassen sie sich von dem Grünen mitreißen: „Seit der Wahl des neuen Oberbürgermeisters Dr. Belz macht die Arbeit im Gemeinderat wieder unglaublich Spaß“, schwärmt Ralf Sklarski.

Er passt auch zu ihrem Wahlprogramm, auf dem Radwege stehen, die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, weniger Staus und mehr Kreisverkehre, während die CDU sich um die Museenlandschaft kümmern will sowie eine Dachgaubensatzung und sich über ein Buswartehäuschen freut. Das Ziel der Freien Wähler ist es, die größte Fraktion im Gemeinderat zu werden. „Bei uns herrscht Harmonie im Team, selbst wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind“, sticheln sie siegessicher gegen die CDU.