Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Herrenberg verbietet diese Woche Feuerwerkskörper, obwohl es keine zu kaufen gibt. Im Böblinger Wertstoffhof könnte das Verschenkhäusle zum Erfolg werden – dank des Lockdowns.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Herrenberg - In diesen Zeiten tut ein Stück Normalität gut. Und natürlich nimmt sich Herrenberg dieser Aufgabe an. „Das Ordnungsamt weist auf das Verbot zum Abbrennen von Feuerwerkskörpern in unmittelbarer Nähe von Fachwerkhäusern und Kirchen hin“, teilte die Stadtverwaltung diese Woche wie jedes Jahr im Dezember mit. Diese Beschränkung hat nämlich ausnahmsweise gar nichts mit Corona zu tun! Sie geht vielmehr auf ein Feuer in der Tübinger Altstadt an Silvester 2008/2009 zurück. Die aktuell angeblich so vorbildlich agierende Studentenstadt sorgte auch in diesem Fall dafür, dass sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt.

 

Kriminelle Energie unterstellt

Tatsächlich unterstellt das Ordnungsamt seinen Bürgern mit der Mitteilung ganz schön viel kriminelle Energie. Um überhaupt Feuerwerk abschießen zu können, müssten sie es sich erst einmal auf dem Schwarzmarkt besorgen. Schließlich ist der Verkauf der Raketen in der Pandemie nicht mehr erlaubt. Zweitens müssten sie entweder schon am Nachmittag schießen, was sicherlich die öffentliche Ordnung empfindlich stören würde. Oder sie müssten sich über die auch an Silvester geltende Ausgangssperre hinwegsetzen, die bereits um 20 Uhr beginnt. Ohne triftigen Grund darf bekanntermaßen niemand vor die Tür in der Nacht. Das Abschießen von Raketen kann leider nicht als Notfall deklariert werden. Wobei die Menschheit gerade durchaus Anlass genug hat, ein paar Geister zu vertreiben. Aber im Falle von Corona sind Böller eher nicht das probate Mittel.

Abgesehen davon gilt es noch das Ansammlungsverbot zu beachten. Wenn man sich schon draußen illegal aufhält, dürften höchstens Familienmitglieder oder eine haushaltsfremde Person dabei sein, wenn es nicht weitere Ordnungswidrigkeiten hageln soll. Und mit dem Hund Gassi zu gehen, ist sicherlich keine Option, denn der mag das Geknalle überhaupt nicht. Wer sich möglicherweise beim Zündeln verletzt, sollte damit rechnen, im Krankenhaus nicht besonders freundlich behandelt zu werden. Die Ärzte haben gerade besseres zu tun.

Gute Ausreden für die Baumpflege

Gute Ausreden müssen sich die Herrenberger auch bei einer anderen gut gemeinten Aktion der Stadtverwaltung ausdenken. Vor gerade einmal zwei Wochen hatten Bürger 40 Weihnachtsbäumchen in der Innenstadt geschmückt und die Patenschaft dafür übernommen. Jetzt brauchen sie ebenfalls triftige Gründe, um das Haus zu verlassen. Die Baumpflege wird in der Corona-Verordnung des Landes jedoch nicht erwähnt. Eine Möglichkeit wäre, beim Joggen im Vorbeilaufen nach dem Rechten zu sehen. Auf dem Weg zum Einkaufen oder zum Arzt könnte noch ein unauffälliger Zwischenstopp eingelegt werden. Allerdings sollten sich die Paten dabei streng genommen nicht vom Ordnungsamt erwischen lassen. So viel Einsatz würde sich nicht lohnen, da etwas Wildwuchs in der leeren Fußgängerzone ohnehin nicht auffallen würde.

Möglicherweise wird das Verschenkhäusle im Wertstoffzentrum Böblingen-Hulb deshalb noch zum Erfolg. Allerdings könnte es zu einem ähnlichen Balanceakt wie die Pflege der Weihnachtsbäumchen führen. Das Erziehungsprojekt zur Müllvermeidung und mehr Nachhaltigkeit ist im gesättigten Kreis Böblingen bislang nicht auf Resonanz gestoßen. „Der Anfang hat schon gut geklappt“, meldet das Landratsamt: Viele Gegenstände wurden gebracht.

Es „funktioniert aber nur, wenn Gegenstände auch mitgenommen werden,“ erklärt der Erste Werkleiter Martin Wuttke das Prinzip. Jeder könne kommen und stöbern, fordert er die Menschen auf. Denn im Wertstoffzentrum ist es ausnahmsweise zu einer völlig legalen Ansammlung von Büchern, Spielen sowie Haushaltswaren wie Geschirr und Töpfe gekommen. Und jetzt schließen die Läden! Der Ansturm muss sich aber an den gebotenen Abstand halten, damit das Verschenkhäusle nicht zum Corona-Hotspot wird.