Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche sucht Ehningen nach einem Alleinstellungsmerkmal. Dabei hatte die Kommune schon längst eines zu bieten.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Ehningen - Der Gärtringer G-Sketch wirkt ansteckend. Wie sich der neue Slogan „Gärtringen – genau hier, genau wir“ auf den Buchstaben E übertragen lässt, ist allerdings noch ein Enigma. „Endlich in Ehningen!“, „Ehningen auf ewig“ oder neudeutsch „Ehningen – energetic and enterprising“ wären Möglichkeiten, die nach dem Gärtringer Muster attraktive Alliterationen aufgreifen. „Ehningen engagiert sich“ heißt aber bereits eine Lenkungsgruppe, die sich für alle möglichen Aufgaben einsetzt. Die Kommune ist jetzt jedenfalls ebenfalls auf der Suche nach einer Corporate Identity, teilte das Rathaus mit. Eine Gemeinde braucht neben dem Ortskern heutzutage einen Markenkern.

 

Ein gravierender Unterschied

Mit 20 Vertretern aus Unternehmen, Vereinen, dem Handel und dem Gemeinderat wurde sich vergangene Woche auf die Suche danach begeben. „Der begonnene Prozess unterscheidet sich gravierend von Ansätzen anderer Gemeinden durch den Versuch, Vertreter aus der Mitte der Bevölkerung und aus allen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens von Beginn an einzubeziehen“, heißt es in der Mitteilung weiter. Das kann nur ein Seitenhieb auf den Nachbarn sein, wo eine Kommunikationsagentur für die Gärtringer Imagefindung zuständig war. „Damit soll aber nicht die Entscheidungsfreiheit des Gemeinderats vorweggenommen werden“, werden die Machtverhältnisse in der Mitteilung eilig geklärt.

Vermutlich zu Inspirationszwecken hat sich die Gruppe in einen Seminarraum auf dem IBM-Campus zurückgezogen. „Willkommen in der kognitiven Ära“, lautet schließlich ein Slogan des IT-Konzerns. Bei der Auftaktveranstaltung fragten sich die Teilnehmer, „was macht Ehningen im Vergleich zu anderen Kommunen aus“ (im Moment mangelt es noch an der Corporate Identitiy, könnte eine Antwort lauten) und „was ist das Alleinstellungsmerkmal“? Auf einem Foto sind verschiedene Schlagworte zu sehen, die in dem Workshop an eine Wand geheftet wurden: Die Menschen zum Beispiel, Landschaft und Tourismus, Qualität, Nachhaltigkeit und Infrastruktur. Wer meint, diese Worte bereits an der ein oder anderen Stelle gehört zu haben, täuscht sich. Der Beweis kommt gerade aus Gärtringen.

Das Ehninger Alleinstellungsmerkmal ist gefunden

Im Bereich Infrastruktur hat Matthias N., wohnhaft in der Nachbarkommune, das Ehninger Alleinstellungsmerkmal nämlich längst gefunden: ein Schilderwald für Fahrradfahrer. Beim neuen Radweg an der Waldstraße hat die Verwaltung lauter kleine viereckige Zusatzschilder angebracht, die auf weißem Grund ein schwarzes Fahrrad zeigen. Normalerweise ist diese Art von Hinweis mit der Zusatzinformation „frei“ versehen und hängt unter einem Einfahrt-verboten-Zeichen, damit die Radler entgegen der Fahrtrichtung durch eine Einbahnstraße fahren dürfen. Zwei Pfeile darunter weisen darauf hin, dass Fahrradfahrer kreuzen. Laut der Recherche von Matthias N. taucht das Ehninger Zusatzzeichen nicht im Verkehrszeichenkatalog auf. Damit sei es „wohl ein Sonderzeichen nur für Ehningen oder ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt“, mutmaßt der Gärtringer. Denn in Ehningen hing das Schild vorige Woche unter allen möglichen Hinweisen: vom Halteverbot über die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 bis hin zur Vorfahrt.

Mit diesem einzigartigen Experiment scheint sich die Kommune jedoch in eine Sackgasse manövriert zu haben: Die eckigen Fahrradschilder wurden mittlerweile von den runden Verkehrsschildern getrennt. Um die Verwirrung zu entwirren, sind sie stattdessen mit Kabelbinder an Laternenpfosten befestigt worden. Vielleicht soll wenigstens den Radlern ein Licht aufgehen? Nur eines thront einsam und allein auf einem eigenen Pfosten. Warum die Kommune nicht die üblichen blauen, runden Schilder mit dem weißen Fahrrad als Hinweis auf den Radweg verwendet hat, bleibt eben so rätselhaft wie im Moment noch der Ehninger Markenkern.