Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche liegt die Insel der Glückseligen in Hildrizhausen – und das Glück der Sprayer offenbar in Weil der Stadt.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Nach Vorstellung der Griechen sind auf die Insel der Seligen nur ausgewählte Helden gelangt. In Elysion konnten sie als Unsterbliche ein glückliches Leben führen. Weitab von Griechenland lagen diese Eilande, um Madeira, die Azoren, die Kanaren und Kap Verde könnte es sich gehandelt haben. Jedenfalls nicht um Hildrizhausen. Aber für den Leiter des zuständigen Polizeireviers zählt der Ort dazu. Weil die Straftaten innerhalb von zwei Jahren um die Hälfte auf 68 Fälle gesunken sind.

 

Die Hildrizhausener kommen dem Elysion nahe

Immerhin kommen die Hildrizhausener dem Elysion insofern nahe, als dass ihr Leben nicht durch Mord und Totschlag oder Unfälle unnatürlich verkürzt wird. Außerdem klingt die zurückgehende Kriminalität fast schon nach einem Märchen. Als die Statistik vorgestellt wurde, konnte es so mancher Gemeinderat gar nicht glauben. Zumal im benachbarten Holzgerlingen die Zahl der Straftaten um fünf und in Altdorf um zehn Prozent gestiegen ist. In Weil der Stadt haben sich die Fälle von Sachbeschädigungen sogar verdoppelt. Dort machen sich nämlich Sprayer unsterblich: Mehr als 80 Graffiti-Schmiereien an dort abgestellten S-Bahnen registrierte die Polizei.

Magstadt mutierte immerhin zu „einem hellen Fleckle auf der Kriminalitätskarte“: Einen solchen Ort gibt es in der griechischen Mythologie leider nicht. Allerdings ist Magstadt zumindest für Lastwagenfahrer ein heißes Pflaster beziehungsweise die absolute Hölle. „Es ist leichter, dass ein Kamel durchs Nadelöhr geht, als dass ein Reicher ins Reich Gottes kommt“, hat Jesus einst gesagt. Dieses Gleichnis passt auch für Lastwagen und die S-Bahn-Brücke, über die die Werke der Helden der Graffiti-Szene brausen. Das Kamel passt also eher durchs Nadelöhr, als dass ein Trucker ungeschoren durch die Schafhauser Straße kommt.

Die Lastwagenfahrer folgen ihrem Navi blind

Dennoch folgen nach wie vor viele Vertreter des Berufsstandes nahezu blind ihrem Navi ins vermeintliche Elysion. Am laufenden Band passierten dort Unfälle, berichtete die Polizei dem Gemeinderat Ende Juni. Diese Woche sind wieder zwei Lastwagen an dem Hindernis hängen geblieben. Sie könnten entweder Verkehrsschilder nicht lesen oder wüssten nicht, wie hoch ihr Fahrzeug sei. Bestens beschildert sei das Nadelöhr von beiden Seiten, sagte der Polizist: „Wir sind mit unserem Latein am Ende“. Dabei hätte ihm durchaus der ein oder andere Spruch einfallen können. „Erare human est“ kennt doch jeder, also Irren ist menschlich, oder „Homines sumus, non dei!“ (Menschen sind wir, keine Götter!). Wobei letzteres natürlich nicht für Hildrizhausener gilt.