Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche lässt Statistik Holzgerlingen schrumpfen. Und der Böblinger Gemeinderat hat keinen Platz für den Weihnachtsmann.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Nufringen - Es muss ein schönes Gefühl sein, den Größten zu haben: In diesem Jahr haben wohl die Nufringer das Rennen gemacht – mit ihrem 24 Meter hohen Maibaum. Den Nebringern fehlten zwei Meter, in Hildrizhausen waren es drei. „Manchmal ist es schwer, die Höhe eines Baums im Wald abzuschätzen“, erklärte der Heimats- und Geschichtsvereinsvorsitzende aus Herrenberg-Kayh in der Lokalzeitung die Problematik. Die Protzerei geht allerdings ins Geld: Die Nebringer mussten extra einen Kran anheuern, um ihre Größe zu demonstrieren. In Affstätt wurde dagegen mit nichts als Muskelkraft geschafft: 16 Männer stellten die mit 14 Metern fast schon kümmerliche Birke auf.

 

Holzgerlingen wird geschrumpft

In Holzgerlingen mag der Maibaum noch so herausragend sein, die Volkszählung des Statistischen Landesamtes wirft einen viel größeren Schatten auf die Kommune: Die Behörde hat Holzgerlingen geschrumpft. Laut ihren neuesten Erhebungen wohnen dort nur noch 12 156 Einwohner, 548 weniger als nach der Volkszählung von 1987. Das klingt nicht nach viel, macht aber einen riesigen Unterschied: „Entscheidend bei dem Zahlengerangel ist der Finanzausgleich“, erklärt die Verwaltung. Denn 548 weniger Menschen bedeutet nicht, dass es jetzt mehr Bau- oder Kindergartenplätze für alle anderen gibt, sondern vielmehr ein paar Millionen Euro weniger an Zuweisungen aus Stuttgart.

Wilfried Dölker kann sich natürlich nicht vorstellen, dass ein einziger seiner Bürger weggezogen sein soll. Der Bürgermeister geht vielmehr davon aus, dass die Holzgerlinger zu faul für den Zensus waren. „Dabei war pro Person ein Fragebogen mit 45 (!) umfangreichen Fragen zu beantworten“, erläutert die Verwaltung den Schrumpfungsprozess. Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohner haben die Statistiker nicht so sehr in die Mangel genommen. Dort wurde nur eine einzige Frage gestellt: Wie viele Personen im jeweiligen Gebäude leben. Und diese Ortschaften haben kaum einen Bürgerverlust zu beklagen. Mit vier weiteren Kommunen aus dem Kreis hat Holzgerlingen deshalb prompt Klage eingereicht – und liefert ein weiteres Beispiel für das Phänomen, dass öffentlich-rechtliche Behörden sich mehr vor Gericht streiten als die meisten Nachbarn.

Die Nachbarn sind momentan mit sich selbst beschäftigt

Böblingen und Sindelfingen würden bei dieser Statistik zwar doppelt zählen als öffentlich-rechtliche Nachbarn. Aber die Städte sind momentan mit sich selbst beschäftigt. Während auf der einen Seite der Oberbürgermeister gegen eine schrumpfende Wahlbeteiligung kämpft, wofür die Statistiker nichts können, haben die Freien Wähler auf der anderen Seite einen Angriff von außen abgewehrt. Ein in ihren Reihen frei gewordener Sitz hätte Wolfgang Kimmig-Liebe zugestanden. Fast 3500 Stimmen hat der Nikolaus-Nachfolger, der seit 30 Jahren an arme Menschen Geschenke verteilt, bei der Kommunalwahl 2014 geholt.

Doch dem Gemeinderat bleiben seine öffentlichkeitswirksamen Auftritte erspart: Der Rentner hat Böblingen nämlich den Rücken gekehrt. Trotz seiner Versuche, sich schnell wieder eingemeinden zu lassen, gewann Max Nowak diese Reise nach Jerusalem. Der Reformhausbesitzer bekam den Stuhl. „Wir denken ja nicht einmal bis Sindelfingen, allenfalls bis zum Flugfeld“, erklärte der Fraktionschef laut der Böblinger Zeitung den Vorzug für eine lokal ansässige Größe.