Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche wird der Sindelfinger Weihnachtsbasar modernisiert. Im Schönaicher Gemeinderat herrschen schon passende Temperaturen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Alles, was aus den 1970ern stammt, gilt als „inzwischen ein wenig in die Jahre gekommen“. Frauen zum Beispiel, die Verkehrsplanung oder Architektur. Wein aus dieser Zeit schmeckt nur dann nicht nach Essig, wenn es ein wirklich guter ist. Der Sindelfinger Weihnachtsbasar ist seinen Machern mittlerweile ebenfalls sauer aufgestoßen. „Er galt als Urgestein der Region“ mit seiner mehr als 40-jährigen Tradition, schreiben sie, „jetzt bekommt das Messeformat einen modernen Nachfolger“: Aus dem Weihnachtsbasar wird der Wintermarkt.

 

Vom Persischen ins Deutsche

Die Modernisierung besteht also vor allem in einer Übersetzung. Das persische Wort für Markt klang den Messeorganisatoren möglicherweise zu sehr nach Gebrauchtwaren, während die deutsche Bezeichnung für Basar Assoziationen von frischen Produkten weckt. Egal wie, vor allem ging es darum, Weihnachten aus dem Titel zu streichen, denn das Wort hat bei so manchen Besuchern „zu Enttäuschung und Irritationen“ geführt – weil sie in Sindelfingen keinen Winterbasar erwartet hatten, sondern einen Weihnachtsmarkt. Dabei handelte es sich vielmehr um eine reine Verkaufsmesse. Weihnachtliche Inspiration sei sehr wohl vertreten, spiele jedoch nicht die Hauptrolle, steht in der Mitteilung. „Deshalb – und auch angesichts des frühen Zeitpunkts Anfang November – passt der neue Name jetzt perfekt.“

Ein paar Absätze zuvor wurde den Besuchern zwar „eine winterlich-adventliche Erlebniswelt“ versprochen, aber mit den Fakten nehmen es die Veranstalter halt nicht so genau. Denn genau genommen ist der November noch Herbst, und der Winter fängt erst am 21. Dezember an. Und auf dem Programm steht neben „aufregendem Paella-Showcooking“ und Segwayfahren auch die Wahl von Mr. und Mrs. Santa. Irgendwo zwischen Sommerurlaub und Heiligem Abend ist auch das feurige Afterwork am Donnerstag, 7. November, platziert: Nach Dienstschluss werden an Grill und Feuerschale Köstlichkeiten zubereitet zu mitreißender Musik und einer heißen Feuershow.

Mit dem Durchschnitt nicht zufrieden

Den Mitarbeitern des Schönaicher Rathauses ist ein Messebesuch zu empfehlen. Etwas Wärme könnte der Verwaltung gut tun, nachdem im Gemeinderat derart frostige Temperaturen herrschten, wie es sie diesen Herbst noch nicht gegeben hat. Daniel Schambureks Flehen um neue Stellen ist zwar erhört worden, doch dafür musste sich die Verwaltung einiges anhören. „Bei den Bürgern präsent zu sein ist leicht und gehört zu den schönen Aufgaben“, kritisierte ein Christdemokrat den Schultes, „die Mitarbeiter zu motivieren und anzutreiben ist schwerer.“ Als hätte der Mann lauter arbeitsscheue Tiere im Stall!

Seine Hauptamtsleiterin hatte dem Gremium vorgerechnet, dass Schönaich sieben zusätzliche Arbeitskräfte bräuchte, um im Durchschnitt zu landen. Mit Durchschnitt wollen sich die Gemeinderäte allerdings nicht abgeben: Es wurden nur 2,5 Positionen genehmigt. Ein Sozialdemokrat verlangte einfach mehr Effizienz im Rathaus. Die komplette Verwaltung sitze die zeitlich ausufernden Gemeinderatssitzungen nämlich sinnlos ab und sammele so Überstunden, hat er beobachtet. Die SPD will den Saal deshalb künftig pünktlich um 22 Uhr verlassen. Dann reicht es zwar nicht mehr zum feurigen Afterwork in Sindelfingen. Bei der Wahl zum Mr. Santa könnten die strengen Schönaicher dafür Chancen haben – wenn dieses Rollenverständnis nicht in die Jahre gekommen wäre.