Unterstellungen, Unterstellungen, Unterstellungen: Die Stimmung unter den Gemeinderäten ist mies. Aber mit ein bisschen gutem Willen können sie sich selbst helfen.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Die Stadt Ludwigsburg ist um noch eine Attraktion reicher. Und damit ist nicht kalorienreicher gemeint, obwohl es sich bei der neuen Attraktion um Schokolade handelt. Das Besondere an der neuen Ludwigsburger Schokolade ist ihre Entstehung. Weniger, dass sie aus fair gehandelten Kakaobohnen besteht, das war bei der bisherigen, aus Österreich importierte Fair-Trade-Schokolade, auch so. Was der neuen Schoki die Krone der Nachhaltigkeit aufsetzt, ist die Tatsache, dass sie in Ludwigsburg vollendet wurde: Von der Confiserie Luckscheiter. Und zwar so richtig. Eigentlich ist ja alles gut, was aus Schokolade ist, aber die Pressestelle im Rathaus übertreibt wahrlich nicht, wenn sie „traumhaften Schokoladen-Genuss mit gutem Gewissen“ verspricht.

 

Welt verbessern ist in Ludwigsburg gar kein Problem

„Global denken, lokal handeln“ – so geht Weltverbesserung. Und wenn jemandem diese Weltverbesserungsmaxime in Fleisch und Blut übergangenen ist, dann ja wohl den Ludwigsburgern! Aber halt, ach nein, das stimmt ja gar nicht. Wie war das mit dem neuen Radweg an der Marbacher Straße? Oft für enorm wichtig befunden, lange beschlossen – und nun soll er erst mal doch nicht gebaut werden. Weil das Fleisch und Blut mancher Stadträte halt immer noch mit Benzin, wenn nicht gar mit Diesel durchzogen ist. Voll fairkehrt, aber so was von voll! Wenn man sich die fragliche Sitzung der lokalen Ludwigsburger Volksvertreter weiter vergegenwärtigt, muss man leider feststellen, dass es mit der mutmaßlichen Schokoladenseite der Damen und Herren auch nicht sonderlich weit her ist.

Es ist eben nicht so, dass sich Radler nie und nimmer an Verkehrsregeln halten, wie von Andreas Rothacker (Freie Wähle) unterstellt. Es ist auch nicht so, dass die Verwaltung bei der Planung geschlampt hat, wie von Maik Braumann (CDU) unterstellt. Und es ist auch nicht so, dass diejenigen unter den Räten, die im hauptamtlichen Leben selbstständigen Geschäften nachgehen, von der Verwaltung vetterlesmäßig begünstigt werden. So wiederum hat es Elfriede Steinwand (Grüne) unterstellt.

Der Kommissar sieht keinen Grund zum Ermitteln

Hätte sie recht, müsste die Planung für den umstrittenen Radweg doch geradewegs der Feder des Architekten und Stadtplaners Maik Braumann entstammen. Und für die Abhaltung der Brautage auf dem Rathausplatz müsste der Gastronom Andreas Rothacker dann bestimmt keinen einzigen Cent Miete bezahlen. Und – noch ein Grund, warum nicht sein kann, was nicht sein darf: Hätte Elfriede Steinwand wirklich recht, hätte sich bestimmt längst der pensionierte Erste Kriminalkommissar Hermann Dengel (und jetzige Freie Wähler) bei seiner Berufsehre gepackt gefühlt und den Moloch Gemeinderat ausgehoben.

Blöd jetzt, dass die Stimmung nun so eisig ist und die Fronten so verhärtet sind. Wie soll Ludwigsburg da weiterhin die Welt ein bisschen bessern machen?

Ein süßer Zufall

Nun, vielleicht kann Elfriede Steinwand ja auch deeskalierend wirken. Als Sozialarbeiterin sollte es ihr doch gelingen, die Stärken ihrer Ratskollegen zu stärken und zum Wohle der Stadt einzusetzen. Der Elektromeister Reinhold Noz (CDU) könnte dafür sorgen, dass allen Kommunalpolitikern endlich mal ein Licht aufgeht. Der Fischhändler Andreas Seybold (Freie Wähler) dürfte darlegen, dass auch das Fischen im Trüben eine gewisse Fertigkeit voraussetzt. Und der Apotheker Claus-Dieter Meyer (CDU) fände womöglich ein Mittelchen gegen all die Aufregung und Nervosität.

Wobei, vielleicht hilft da ja auch die neue Schokolade aus dem Hause Luckscheiter? Schokolade, heißt es zwar, löse keine Probleme. Aber das tut ein Apfel auch nicht! Dass der Inhaber der fairen Confiserie Felix Remmele heißt und der Sohn von Bernhard Remmele ist, der wiederum ein Freier Wähler ist, ist übrigens reiner Zufall.