Das Verkehrskonzept, das der Ludwigsburger OB Werner Spec vor neun Tagen aus dem Hut gezaubert hat, erhitzt noch immer die Gemüter. Doch wie sich herausgestellt hat, geht es dabei gar nicht um Verkehr.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Die SPD in der Region ist ganz schön aufmüpfig geworden. Will sie doch tatsächlich mehr über die Hoch-, Niederflur- und Sonst-was-Bahn-Ideen erfahren, die durch den Kreis Ludwigsburg geistern. „Ich finde es mehr als befremdlich, dass die Protagonisten der Diskussion – Landrat Haas und Oberbürgermeister Spec – die Aufgabenträgerschaft der Region für eine Reihe der diskutierten Strecken bislang offensichtlich völlig ausgeblendet haben“, wundert sich der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Regionalfraktion, Thomas Leipnitz, und wünscht sich einen Vortrag im Regionalparlament. Als wäre das nicht frech genug, schiebt er nach: „Ohne die Klärung der Frage, wer für die Strecken eigentlich zuständig ist, sind die Diskussionen zwischen Landrat und Oberbürgermeister nur Sandkastenspiele.“

 

Es geht um Macht

Ach Gottchen! Was soll man dazu sagen? Am besten gar nichts. Denn wie sich inzwischen herausschält, geht es bei dem, was der Ludwigsburger OB aus dem Hut gezaubert hat, gar nicht um Verkehr. In Wahrheit ist das sogenannte Verkehrskonzept ein Einflussbereicherweiterungskonzept. Das Signalwort heißt: Renningen. Der Bahnhof dieses reizenden Städtchens im Kreis Böblingen ist im Plan aus dem Ludwigsburger Rathaus als Endstation einer neuen Verbindung vorgesehen, die einen zentralen Halt in Ludwigsburg hat. Ebenso ist der Renninger Bahnhof als Endstation der noch zu reaktivierenden Hermann-Hesse-Bahn vorgesehen. Deren Ausgangspunkt liegt – Achtung, jetzt kommt’s – in: Calw. Jener Stadt also, in der Werner Spec wirkte, bevor er nach Ludwigsburg kam. Und über die er bei seinem Auszug sagte: „Ich werde Calw nicht vergessen.“

Vor dem Hintergrund einer durchgehenden Bahnverbindung klingt das doch gleich nach viel mehr als einer Formel zum Abschied. Es klingt haargenau so, als würde Werner Spec Ludwigsburg und Calw demnächst in einem Zug durchregieren. Dass sich die Calwer übertölpelt fühlen, ist nicht zu erwarten. Nimmt man die Worte für bare Münze, die gesprochen wurden, als Werner Spec nach seinem Abgang 2003 mit der Hermann-Hesse-Medaille geehrt wurde, wussten sie stets, was sie an ihrem OB hatten. „Sie haben Schwerpunkte gesetzt, die so überwältigend sind, dass es kaum zu glauben ist“, schwärmte die damalige Karlsruher Regierungspräsidentin. Als zupackend, entscheidungsfreudig und begeisternd beschrieb ihn begeistert der Calwer Vize-OB. Und der Calwer Landrat – aufgepasst, Rainer Haas – würdigte Werner Spec respektvoll als „Halbgott des kreativen Umtriebs“. Verständlich irgendwie, dass man sich von so viel Wertschätzung angezogen fühlt.

Esslingen muss sich warm anziehen

So eine Doppelregentschaft hat ja wirklich viel für sich. Ludwigsburg hat damit direkten Zugang zu bestem Schwarzwaldholz (Stichwort: Holzheizkraftwerk). Und auf Calw fällt durch das neu-alte Stadtoberhaupt so viel Glanz, dass das Leben im dunklen Tal allein deshalb viel attraktiver ist. Auch praktisch: der direkte Zugriff auf das Kommando Spezialkräfte bringt den Ausbau der fraglichen Strecken unvorstellbar flott voran. Aber Vorsicht: dass die Züge mit Sprengstoffzellen ausgerüstet werden, ist dummes Geschwätz. Es sind und bleiben Brennstoffzellen.

Jürgen Zieger, der OB von Esslingen, kann sich schon mal warm anziehen. Im Ludwigsburger Plan führt ein weiterer Streckenast nach Esslingen. Hat Zieger die Nachtigall längst trapsen gehört? Womöglich ist es gar nicht so generös, wie es klingt, wenn die regionalen Genossen, zu deren Mitgliedern Zieger zählt, erklären: „Die SPD ist bereit, die Aufgabenträgerschaft für regional bedeutsamen Schienenpersonennahverkehr im Landkreis Ludwigsburg zu übernehmen.“